Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Verehrtester Herr von Schelling

Lange bin ich Ihnen Antwort schuldig geblieben, nicht aus Gleichgültigkeit oder Vergessenheit, auch nicht einmal der Nachläsigkeit bin ich zu beschuldigen Gott weiß wie wie oft ich im Geiste bei Ihnen bin. München im Ganzen genohmen ist mir Höchst gleichgültig, ja in vieler Hinsicht ekel und zuwieder, doch ihren Umgang genießen zu können, wünschte mich schon Hundertmal nach München zurük. Wo werden wir uns einst wieder treffen, Sie mich hier in Italien, oder ich Sie in Baiern. Sei es, wo auch immer, der Ort und Augenblik sei mir erwünscht. – Wie geht es Ihnen was machen Sie, was unser Freund Spix und Köhler; wie geht es sonst in der baierischen Kunst und gelehrten Welt zu? Was macht die Langerische Akademie? Wie soll man das erklären, daß solange derselbe den Diktator macht, keine junge Künstler mehr auf Reisen geschikt werde es ist allen hier auffallend geworden: Mann spricht hier wenig Gutes von ihm, sowohl was Kunst als auch Karakter betrift, besonders hört man von seinen Dusseldorfer Landesleuten am wenigsten zu dessen Lobe erwähnen. – Hier geschiht wenig, doch was geschieht, ist doch etwas im Weinberg Gottes; Die der Kunst so widrige Admosphäre scheint alles zu erschlaffen. – Koch ist nach Wien abgereist, Werner ist noch hier, doch wenig unter Menschen sichtbar. Maler Pforr von Frankfurt ist gestorben. – Die übrigen noch lebenden vegitiren blos. Auch von mir kann ich Ihnen wenig tröstliches sagen, ich behalte mir vor davon in einen besondern Schreiben Rechenschaft zu geben.

Im vollen Vertrauen auf Ihre Freundschaft gegen mich, nehme ich mir die Freiheit, Sie mit einigen Aufträgen zu belästigen, welche darin bestehen, mir durch Cotta oder irgend einen andern Buchhändler nach stehende Bücher, deutscher Übersetzungen alter vorzüglich griechischer Schriftsteller mir zu verschreiben, und den Kosten Betrag, wenn es Ihnen nicht misfällig von den bei Ihnen stehenden 800 fl. zu bestreiten und mir auf jene zu verrechnen.

Es sind folgende Bücher:

Die Argonauten des Apollonius. Zürich bei Orell, Gessner, Fühlin et Comp I Band

Darete Frigius de excidio Trojae, beste Uebersezung; so welche zu finden

Statius Thebaide, die beste Ubersezung, welche zu finden.

Aulus Gellius, Attische Nächte I Band, übersezt von A˖[nton] H˖[einrich] W. v W˖[alterstern] 1785.

Diodors von Sicilien, Bibliothek der Geschichte, übers˖[ezt] von Stroth II Bände

Dio Cassius römische Geschichte, übersezt von Wagner IIII Bände

Dionysios von Hallikarnas, römische Alterthümer, üb[er]s˖[ezt] von Benzler II B˖[ände]

Polybius Geschichte, übersezt von Seibold III Bände

Xenophons Schriften, übersezt von Borhek V Bände.

Suetonius, übersezt von Ostertag II Bände

Gedichte aus dem Griechischen, übersezt von Christ˖[ian] v[on] Stolberg I Band.

Vom Thucidydes, übersezt von Jakobi,besitze ich den I. II. III. Theil, die übrigen folgenden fehlen mir

Von Platons Werke, übersezt von Schleiermacher, besitze ich den I. II. III. und IIII. Theile. Die übrigen folgenden fehlen mir ebenfalls.

Ich bitte daher, bester Herr von Schelling, mir diese fehlenden Theile sowohl, als jene hier oben angemerkte Werke auf meine Rechnung mir anzuschaffen, weil ich Hoffnung habe, meine sämtlichen Bücher hieherkommen zu lassen, mit welchen ich denn auch diese vereinigen will. Die Auslagen verrechnen Sie mir, und ziehen solche von den 800 fl. rhn ab, welche ich Ihnen vor meiner Abreise habe in Verwahrung gegeben. – Es steht bei Ihnen, ja ich ersuche Sie darum, wenn sie noch einige andere gute Werke, besonders griechische Ubersezung oder sonst ein anderes kräftigen Werk beysetzen wollen, solches zugleich mit anzuschaffen. Auch hörte ich von einer neuen Mythologie sprechen, welche in Deutschland erschienen, und sehr vorzüglich sein soll. Verhält sich dieses so, so bitte ich solche mitbeizufügen. Diese Bücher bitte ebenfalls heften zu lassen, oder was man, wenn ich nicht irre, in der Buchbinder Sprache, broschiren nennt. Verzeihen Sie daß ich mich erkühne Sie mit solchen Aufträgen zu belästigen, allein da ich mir schmeichle, auf Ihre Freundschaft einige Rechnung machen zu können glaube, übrigens weiß, daß Sie öfters an Cotta schreiben so daß es Ihnen wenig Mühe machen diese Nota von Büchern mitbeyzulegen. Jede Auslage, wie ganz natürlich, verrechnen Sie mir. – Von mir weiß ich Ihnen gar nichts zu schreiben, als daß ich Sie so sehr vermisse. Basta. Gott weiß ob wir uns nicht bald wieder sehen. Dann solls gewiß an Stoff der Unterhaltung nicht fehlen; ich habe die Brust so voll daß ich bersten möchte, nur in Ihrer Gesellschaft könnte ich mir wieder einmal Luft machen.

In dieser Angenehmen Hoffnung verbleibe ich
mit möglichster Achtung und Ergebenheit
für immer Ihr
treuer

Giovanni d’Erbipoli
Il Furioso.

Die Preise, mit welchen man die Gemälde des alten und jungen Langer zahlt, sezen alle Welt in Staunen, und man kann sich hier nicht genug wundern, wie diese beide seichten Künstler sich nicht vor der Welt und für sich selbst schämen, sich auf diese unverhältnißmäsige weise zahlen zu lassen. – Auch ist es jederman auffallend daß seit der Alleinherrschaft des Herrn Langers kein baierischer Künstler mehr nach Rom geschikt wurde. Dieses erwähne ich hier blos im Vertrauen unter uns, und um Ihnen zu zeichen, welches die allgemeine Sprache, die Meinung der Kunstwelt ist. –

NB. Was Sie mir durch Herrn Himmsel überschikten habe ich richtig erhalten und danke Ihnen vielmal; In dem Verzeichniß der Ausstellung, war mir höchst auffallend die vielen Klassenabtheilung des jungen Künstlers, etwas was sich mit dem freien Geiste der Kunst gar nicht verträgt.