Heidelberg, den .
Eine gründliche Entschuldigung für mich Säumigen kann es nicht geben. Das fühle ich wohl, mein hochverehrtester Herr und Freund – Aber dennoch – wenn Sie meine Lage kennten – welch ein geplagter Professor ich bin – und insbesondere gesehen hätten, wie ich in diesen lezten 2 Jahren immer durch unaufschiebliche Arbeiten unterbrochen worden bin – Sie würden mir gern diejenige Nachsicht schenken – die ich so sehr nöthig habe, um nicht in Ihren Augen als ein unzuverlässiger Mann zu erscheinen.
Endlich nämlich kommt hierbei die Anzeige Ihrer Schrift, der ich so sehr viel verdanke. Möchten Sie nun auch Ihrerseits im Ton und Inhalt derselben wahrnehmen, daß ich sie in diesem Gefühl niedergeschrieben habe. Gern hätte ich über Manches zuvor noch mit Ihnen mich unterhalten mögen – aber eben jene Unmuße machten es unmöglich.
Besonders bin ich nun begierig, wie Sie meine Auffassung des Aegyptischen (und Indischen) Factors in der Civilisationsgeschichte unsres Geschlechts ansehen werden. Sollten wir uns darüber noch einmal vereinigen können – und ich hoffe es – so sehe ich nicht was uns dann Hauptsächliges noch weiterzutrennen im Stande wäre. Und diese Einigung wäre für mich überaus belehrend. Sie werden mir doch nicht zürnen, daß ich von einigen brieflichen Aeußerungen von Ihnen hier öffentlich Gebrauch gemacht habe? – Es geschahe von mir wenigstens in der besten Meinung.
Auf nichts bin ich nun so sehr verlangend als auf die weitere Ausführung Ihrer mythologischen Ideen, und auf die Erscheinung Ihres Werks über die Weltalter. Erfreuen Sie uns doch bald mit einem Theil desselben.
Die Notiz über Ihre neueste Schrift, betreffend die Aeginetischen Sculpturwerke, macht, wie Sie sehen, keinen Anspruch, auch nur für eine Anzeige zu gelten. Dazu wird es eines Referenten bedürfen, der dieser Dinge kundiger ist, als ich. Sehr interessant waren mir neulich die Erzählungen des aus Italien zurückkehrenden Hofraths Hirt von Berlin, der diese Denkmahle Griechischer Bildnerei in Rom gesehen hatte. Möchten sie bald das grosartig entworfene Museum Ihres Kronprinzen verzieren. Aber darüber werden wohl noch einige Jahre hingehen.
Ich nehme mir die Freiheit, noch ein so eben erschienenes Schriftchen beizufügen, mit der Bitte, es mit Ihrer gewohnten Güte aufzunehmen. Seit etwa zwei Jahren hatte sich dieser Briefwechsel engagirt, der vielleicht einiges Interesse für Sie haben dürfte; zumal wenn Sie die Hermannische Abhandlung über Hesiod’s Theogonie gelesen haben. Dürfte ich hoffen, in einigen brieflichen Worten Ihre Meinung über diese Correspondenz zu erfahren, so würden Sie mich dadurch sehr verbinden.
Ich bin mit aufrichtigster Verehrung stets der Ihre
Fr. Creuzer.