An
Frau Directorin von Schelling
in
im goldnen Fasan auf der alten Wiese.
fr˖[ey] Gr[än]ze
No. 12.
No. 22.
Montag .
Eigentlich weiß ich nicht recht, wozu ich Dir, Liebe, heute schreibe, wenn es nicht ist um Dir ganz einfach Nachricht zu geben, daß wir uns alle wohl befinden. Denn übrigens ist unser Leben höchst einförmig; auch leiden wir an allen Neuigkeiten Mangel. Gries hat mir wieder einen Theil des Calderone mit einem sehr freundschaftlichen Brief geschickt, aus dem ich ersehe, daß Herr, M[a]d[a]me und M[ademoise]lle Frommann in diesem hieher kommen werden – pour se délasser – zu meinem nicht geringen Schrecken, wenn sie auf einen längeren Aufenthalt denken sollten. Bey dieser Gelegenheit habe ich bemerkt, daß mir der 4te Theil des Griesischen Calderon’s fehlt, in dem die Semiramis sich befindet. Kannst du mir nicht angeben, wo er hingekommen seyn könnte?
Von Fr[äu]lein Francisca von Stengel hab ich einen Brief erhalten, mit der Bitte, ihr wieder denselben Kutscher, der ihre Schwester nach München gefahren zu einer Reise dorthin zu bestellen. Sie will nächsten früh 9 Uhr im Wallfisch hier eintreffen. Diese Tage ist auch M[ademoise]lle Adelheid zurückgekommen und hat die neusten Grüße von Clärchen und der Schwägerin gebracht. Diese soll ihren Zustand nicht verbergen können (mit dem Schnüren muß es also nicht so arg seyn als meine liebe Schwester gemacht hat), doch hatte ihr eine Tochter von Jäger gesagt, sie rede gar nicht gern davon. Einen Tag hat sich hier auch Herr Dr. Koref aus Berlin aufgehalten; er scheint jetzt auch einen Laufpaß erhalten zu haben, und macht große Reisen nach Frankreich und England. Ich war nebst Schuberts und Pf˖[affs] mit ihm einen Abend in Wels. Diese alle grüßen Dich sehr. Ich sehne mich ungemein nach guten Nachrichten von Dir. Alles Heil zu Deiner Cur! Ich schließe, weil ich zu Tisch gerufen werde; sollte noch etwas mir beyfallen, so werd’ ich es nachtragen;