An
Frau Directorin von Schelling
aus Erlangen
gegenw˖[ärtig] in
zu den 2 Störchen auf der alten Wiese.
frey Gr˖[änze]
No. 10.
No. 18.
.
Wie kann ich Gott genug danken für die guten Nachrichten, die ich mit Deinem letzten Brief vom erhalten! Wohl 10mal habe ich diesen lieben Brief gelesen; die Kinder sind nicht weniger darüber in Jubel ausgebrochen, denn es ist schon immer eine große Freude, wenn nur ein Brief von der Mamma kommt; aber so erfreut waren sie noch nie. Nun fasse ich auch vollends sichere Hoffnung, und bitte Dich nur, Liebe, daß Du nicht müde werdest, die Cur immer gleich sorgfältig und regelmäßig zu brauchen. Es kommt nun auch gar nicht darauf an, wie lange Du dort verweilst. Setze Dir ja kein Ziel, und brauche den Brunnen gleich das erstemal bis auf den Grund. Lasse Dich von keiner Sehnsucht nach den Kindern hinreißen, noch Dir die Zeit lang werden. Folge auch darinn ganz Mitterbacher’n, den ich Dich bitte bestens von mir zu grüßen – er hat doch gezeigt, daß er den Brunnen versteht und Dich gleich an die rechte Quelle gewiesen. Du darfst zwar wohl nicht erwarten, daß das Übel mit Einem Mal gleich ganz beseitigt wird. Wenn es aber auch nur vermindert und durch den Brunnen der rückgängige Proceß einmal eingeleitet ist, so wird das Übrige vollends die Natur bewirken, und wenn dieß nicht ist, kannst Du ja immer wieder hingeh’n. Sey’ auch ganz außer Sorge wegen des Geldes und laß Dir ja nichts abgeh’n, weder was zu Deiner Gesundheit gehört (dieß versteht sich ohnehin) aber auch nichts, was zu Deiner Aufheiterung und Ermunterung dienen kann. Brauchst Du Geld, so schreib’ es nur, ich will für alles sorgen.
Da ich weiß, wie gern Du Briefe liesest, so schicke ich dir Karls ganzen Brief. Du siehst, daß ich mich nicht habe abhalten lassen, ihm Glück zu wünschen, und daß es ganz gut aufgenommen worden. Seine Zweifel begreife ich, bin aber gewiß, daß sie demnächst vollständig werden widerlegt seyn. Der Brief ist natürlich geschrieben, eh’ ich ihm die neuesten Nachrichten mittheilen konnte. Du siehst indeß, daß auch er voll guter Hoffnung ist. Sonderbar, daß er auch auf die Analogie wenigstens mit dem Fieberkuchen verfällt. Die viele China, die Du geschluckt hast, könnte wohl daran Theil haben. Nun der Sprudel, der wie du weißt Herz und Nieren prüft, wird das Übel schon aufspüren. Lasse Dir nicht bang werden über das, was er von einem Absceß schreibt; ich gestehe, darauf habe ich früher auch gerechnet, und jede Art der Crisis wäre gut und erwünscht, doch jetzt glaube ich auch dieses nicht mehr. Ganz besonders aber schicke ich Dir den Brief, weil er Deiner mütterlichen Zärtlichkeit wohl thun wird. Clärchen muß wirklich, auch nach den Erzählungen der kleinen Herder, ein allerliebstes Geschöpf seyn. Wie glücklich bist Du in Deinen Kindern, die soviel Wohlgefallen bey den Menschen erregen! Den kleinen purzlichen Clodius grüße recht freundlich von mir, sage ihm aber, daß, wenn er einmal krank werden wollte, er schon mir zu Gefallen die Sache so hätte richten können, daß wir uns in Carlsbad hätten treffen und der alten Zeiten zusammen erinnern können, und an Necken, besonders was meine schwäbischen Ausdrücke betrifft, hätte er’s auch nicht fehlen lassen. Spürt man denn nichts an ihm von der Art der Mde. Krüdener, zu deren Anhängern er sich geschlagen haben soll. Seine von Frau von der R˖[ecke] gemachte Ehe soll nicht die glücklichste seyn – – primär wohl für die Frau und secundär für ihn. Goluchowski ist schon wieder aufgebrochen, um nach München und Stuttg˖[art] zu fahren. –
Die beyden Knaben sind vollkommen wohl und uns allen geht es so gut, als ohne Dich nur immer möglich ist. Nun leb’ recht wohl, Gott sey mit Dir, fahre so fort und erfreue mit immer gleich oder vielmehr mit immer zunehmend guten Nachrichten
Deinen treuen
Sch
Nicht ohne Rührung wirst Du in diesen Tagen an des guten Clärchens denken! Möge sie den nächsten mit beyden Eltern verleben!
Weißt du denn schon, daß ein neuer Theil von Goethe’s Leben erschienen ist, mit dem Motto: Auch ich war in Champagne