Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Geh˖[eimer] Hofrath und Director

von Schelling

WohlG˖[eboren]

in

Erlangen

frey.

Ich danke Ihnen, mein verehrtester Freund, auch für Ihren Brief vom , und würde mich schämen, Sie so sehr mit meinen Privatangelegenheiten zu belästigen, wenn mir das Wohl meines Sohnes weniger am Herzen läge. So halten Sie dem Vater zu gut, was Sie dem Freunde vielleicht übel nehmen könnten.

Nach dem jetzigen Stande der Dinge finde ich es nothwendig und zweckmäßig, selbst nach Erlangen zu kommen, und denke zu , wenn kein Hinderniß dazwischen kömmt, meine Reise dahin anzutreten. Haben Sie nur fernerhin die Güte, mein theuerster Freund, meinen Sohn nicht zu verlassen, und ihm ein ernsthaftes Wort über seinen schlechten Umgang und seinen Mangel an Fleiß und Lust zum Studiern zu sagen. Er wird und muß doch Gewicht auf Ihre Ermahnung legen; und vielleicht kömmt er bey seinem sonst guten Verstande und gutem Gemüthe früher zur Besinnung.

Ich schreibe heute an Fritz nur wenige Worte, um ihm im Allgemeinen meine Unzufriedenheit über sein Betragen auszudrücken, und ihn von meiner bevorstehenden Ankunft in Erl˖[angen] zu präveniren. Können Sie in der Zwischenzeit schon eine Bekehrung bewirken, woran ich nicht gern schon verzweifeln möchte, desto besser. –

Mein Schwiegervater ist jetzt oft unwohl. In seinem Alter (77 Jahre) könnte sich unversehens ein Zufall ereignen, der meine Entfernung verhinderte, obschon ich es nicht hoffe. Diese Notiz bleibt unter uns. –

Tausend herzliche Grüße an die lieben Ihrigen von mir und meiner Frau, die sich Ihnen noch besonders hochachtungsvoll empfiehlt.
Ganz der Ihrige

Kerstorf

P.S.

Mein Brief an Fritz ist umständlicher ausgefallen, als ich es Anfangs projectirt hatte. Auf keine Weise kann er aber vermuthen, daß ich irgend etwas durch Sie erfahren habe. Ein ernstes Wort von Ihrer Seite würde, ich bin es überzeugt, den größten Eindruck machen. –