Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Frau

Directorin von Schelling

bey Madame Gotter, geb. Stieler

in

Gotha.

fr˖[ey] Gr[än]z˖e

No. 8.

No. 6.

So eben komme ich von einem Spaziergang mit Onkel Adolf und seiner Frau zurück. Ich habe Deinen Brief durch ihn schon heute früh 10 Uhr erhalten, und über die ausführlicheren Nachrichten, die er selbst mir von Dir und den Kindern gab, mich natürlich herzlich erfreut. – Bis jetzt habe ich Dir, liebes Kind, noch jede Woche 2mal geschrieben, nur No. 6 statt am Montag am , weßhalb es gekommen, daß Du den Brief nicht wie gewöhnlich freytags sondern erst am erhalten hast. Dein Brief ist von , wie Adolf mir sagt, denn er selbst hat kein Datum. Sey doch, liebstes Herz, vollkommen ruhig über mich. Ich bin nicht nur wohl sondern fühle auch meine Gesundheit zunehmen, seitdem ich das Wasser stärker brauche. Bis jetzt konnt’ ich der engen und kühlen Wohnung wegen noch nicht öfter baden. Jetzt wird auch dieß geschehen, denn heute ziehe ich aus in die 3 Schwalben auf der alten Wiese – ein sehr hübsches nicht viel theureres, besonders aber warmes und heiteres Quartier, wo ich mit größter Bequemlichkeit auch baden kann, und bey einer alten aber braven Wittwe im Haus bin. Ich glaubte diese Veränderung vornehmen zu müssen, zumal ich nun wohl entschieden bis zum hier bleiben werde. Allerliebst freylich wäre gewesen wenn Du mit Onkel Adolf hättest kommen können, da ich Dich jetzt bequem und gut hätte beherbergen können, aber Du hast doch recht wohl gethan, dieß nicht zu thun, da ich mich so wohl befinde, mich in meine Einsamkeit einmal geschickt habe und die Zeit unsrer Trennung nun doch bald vorüber ist. Sey’ nun um mich ganz sorglos und verkümmre Dir das schöne Leben nicht mit unnöthigen Besorgnissen. Genieße Deinen Aufenthalt noch recht und vergnüge Dich auf’s Beste. Danke Paul für sein Mährchen, hoffentlich hat er’s ganz aus dem Kopfe geschrieben, denn wenn es bloß Schreibe-Übung seyn sollte, so wäre Ein Blatt, sorgfältig und correct geschrieben besser, als eine solche Zahl zum Theil unrein geschriebner Blätter. – Graf Lazansky mit der ganzen Familie ist auch wieder angekommen, ich freue mich darüber, da ich ihn mehr und mehr als einen sehr vorzüglichen Mann kennen lerne. Auch nach Dir haben sich beyde, Er und Sie, holdseligst erkundigt.

Leb’ nun recht wohl, grüß’ und küsse die Kinder aufs herzlichste von mir. Ebenfalls die zärtlichsten Grüße an Mutter und Schwestern. Leb’ recht wohl, liebste, beste Freundin und behalte mich lieb.
Dein
tr˖[euer]

Shg

N.S.

Die Handtücher hast Du mir nicht aufgeschrieben. Ich finde deren nur 4. Waren es nicht mehr?