Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin Schelling

in

München.

vor dem Max-Thor, KönigsStraße Nro. 268.

Durch Gefälligkeit.

No. 22.

Ich schicke Dir diesen Brief durch die über München zurückgehenden Leute des Herrn Baron von Moll, durch die er am vorm˖[ittag] schon zukommen wird. Dafür erhältst Du vielleicht mit nächster Post keinen Brief. Heute ist es ein doppeltes Bedürfniß mich mit Dir zu unterhalten, liebstes Herz, denn ich habe heute keinen Brief von Dir, und es ist dadurch ein betrübter Abend für mich. Ich weiß zwar, wie leicht es geschieht, daß ein Brief liegen bleibt oder nicht zur rechten Zeit auf die Post kommt und tröste mich damit, aber es ist doch schmerzlich nun 8 Tage ohne Nachricht von Dir und unsern lieben Kindern zu seyn, denn Dein letztes Briefchen ist . Gott gebe, daß Ihr alle wohl sey’d und daß mein Herz nicht durch irgend eine unangenehme Nachrricht betrübt werde. Dem Vater im Himmel muß ich meine Liebsten empfehlen, von denen mein, nehmlich nicht leichtes, Geschick mich entfernt hält. Das ist meine einzige Beruhigung.

Seit genießen wir endlich wieder bessere Witterung und ich befinde mich auch wieder besser, nachdem die argen Nebel aufgehört haben. Mein hiesiger Aufenthalt geht nun schnell zu Ende, doch will ich so lang’ noch aushalten bis nicht meine Arbeit zu einem gewissen Punct gebracht ist. Warum ich mich auch freue Dir durch diese Gelegenheit noch schneller einen Brief zuzubringen ist, weil Du vielleicht noch vor der Mittwochs-Post Gebrauch machen kannst, mir Deinen Rath zu ertheilen, über die Art wie ich die Rückreise der Katharine mit den Sachen anstelle, denn was mich betrifft, hat es keine Noth. Diese Woche geht der Karl mit unsrem Holz nach München und dieß wäre unstreitig die wohlfeilste Gelegenheit, meine Sachen mit hinzubringen, wenn ich auch gehen wollte und wenn man sicher wäre, daß die Betten nicht naß würden. Es wird also nichts übrig bleiben als die Katharine mit dem Benedictbeurer Boten gehen zu lassen, und zu dem Ende von Morgen über 8 Tage abzugehen, damit sie am Mittwoch noch Zeit hat die Sachen nach Bened˖[iktbeuren] allein zu schaffen, und so hoffe ich denn in 10–11 Tagen Dich und meine Lieben wieder zu sehen. Der leidige Umstand ist nun der, daß ich wegen Ungewißheit der Witterung, (da ich den Abend doch einen wärmeren Rock und Nachtzeug bedarf, schwerlich vermeiden kann, jemand mit mir zu nehmen, der einiges mir trägt, es käme also darauf an, zu wissen ob es viel theurer zu stehen käme, wenn ich hier etwa Waizingers Schweizer Wägelchen nähme um die Sachen aufzupacken und gelegenheitlich auch selbst zu fahren? Hierüber erbitte ich mir noch Deinen Rath, doch richt’ es so ein, daß ich diesen baldmöglichst erhalte, und kannst Du Mittwochs nicht mehr schreiben, so laß’ lieber einen Brief (den Du jedoch sonst nichts anvertraust) auf Gerathewohl über Bened˖[ikt]Beuren oder Kochel laufen. Mit der Freytags-Post in dieser Woche kannst Du mir noch einmal schreiben, dieser Brief trifft mich noch, doch wünsche ich Deinen Rath früher zu erhalten. Die Katharine macht, wie Du weißt, bey allem Schwierigkeiten ohne daß sie doch etwas Besseres anzugeben weiß.

Wie ich mich freue, daß nun die Zeit schon so kurz ist, bis ich Dich, Du liebe Seele, und meine guten Kinder umarme, will ich Dir nicht sagen. Da ich nun diese letzten 8 Tage völlig allein und so Gott will ganz ungestört bin will ich auch allen Fleiß aufbieten, meine Arbeit noch bis zum gewünschten Ziele zu führen. Der Himmel gebe, daß ich bald mit guten Nachrichten von Dir und unsern lieben Kindern erfreut werde. Nur mit Leib und Geist bin ich hier, aber Herz und Seele sind bey Euch.

Lebe recht wohl. Gott erhalte Dich sammt Deinen lieben Kindern und wehre alles Ungemach und Übel von Euch ab!
Dein
tr˖[euer] Fr˖[eund]

Schg.