Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Sr. Hochwohlgebohren

Herrn Director von Schelling

in

Erlangen

frei.

Liebster Bruder!

Deinen Brief vom habe ich heute erhalten, nachdem ich an Dich geschrieben hatte. Der Vorschlag zu einer Zusammenkunft, welchen Dein Brief enthält, würde mir große Freude gewährt haben, wenn dieselbe nicht einen weitern Zweck haben sollte, welcher für mich und m˖[eine] Frau sehr schmerzlich seyn, und uns die Reise, so angenehm sie uns unter andern Verhältnißen seyn würde, sehr bitter machen könnte. Es würde uns unendlich wehe thun, uns so schnell von der lieben Klara zu trennen, auf der andern Seite aber sehen wir wohl ein, daß bei Dir und D˖[einer] lieben Frau der Wunsch, dieses Kind wieder zu sehen, und wieder zu besitzen, groß seyn muß. Wir wollen daher gewiß keine Schwierigkeiten machen, sie Euch zurückzuführen, so sehr es uns auch schwer fallen wird. Da Du angeboten hast, bis Schorndorf zu kommen, so wollte ich Dich bitten, ob Du es nicht möglich machen könntest, lieber gantz hieher zu kommen, was unser aller Wunsch ohnehin schon lange gewesen ist. Sollte dieses nicht angehen, so wollte ich Dich bitten, am Mittwoch den d[ie]s[e]s Abends in Künzelsau einzutreffen, weil August am ehesten auch an diesen Ort würde kommen können. Ich muß den Termin so weit hinaussetzen, weil ich doch noch vorher von Dir eine Antwort auf diesen Brief zu erhalten wünschte, und ich zweifle, ob in kürtzerer Zeit dieses möglich wäre. Da übrigens eine solche Zusammenkunft an einem dritten Orte so leicht durch irgend einen Zufall gestört werden könnte, so wollte ich Dich noch einmal bitten, ob Du es nicht einrichten könntest, gantz hieher zu kommen. Meine Frau würde ohnehin schwerlich von hier mit abkommen können, und dieser würde deßwegen dann die lang ersehnte Freude, Dich und die liebe Schwägerin wiederzusehen, nicht zu Theil. Unser Kind ist nämlich so an sie gewöhnt, daß meine Frau nicht wohl sich entschließen kann, sie zu verlaßen, besonders da sie gegenwärtig an den ersten Stockzähnen laborirt, und ihre Nerven ohnehin dabei ziemlich gereizt zu seyn scheinen, und es daher aus gleichem Grunde nicht wohl rathsam ist, sie auf die Reise mitzunehmen. Ich würde daher an ihrer Stelle die Beate mitbringen. Sollte es nicht möglich seyn, daß Klärchen wenigstens diesen noch bei uns bliebe, so würde es nöthig seyn, daß man alle ihre Sächlein mitnähme, ebendeßwegen wünschte ich auch noch vorher Nachricht zu erhalten, ob sie nicht wenigstens noch diesen Winter hier bleiben könnte. Ich kann dem August vorerst ohnehin nichts Bestimmtes wegen der Zusammenkunft schreiben, und würde ihm daher lieben einen Expr[eß] schicken, wenn dieselbe statthaben sollte. Wenn Dir daher Crailsheim oder Nördlingen angenehmer wären, als Künzelsau, so schreibe es mir nur. An leztern Ort würde freilich August schwerlich kommen können, auf der andern Seite ist aber Künzelsau für Dich entlegener, und vielleicht führen schlechtere Wege dahin. Ich stelle Dir daher Alles anheim.

Inzwischen leb recht wohl und gesund, grüße D˖[eine] liebe Frau und Kinder bestens von uns und Klärchen!
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]

Karl Sch.

Sollte ich in der Eile, in welcher ich schreiben mußte, etwas vergeßen haben, so wird in d[ie]s[e]n Tagen ein Brief nachfolgen.