Hochwohlgebohrner Herr,
Verehrtester Herr Direktor!
Auf Befehl S[eine]r˖ K˖[öniglichen] H˖[oheit] des Kronprinzen, habe ich die Ehre, Ew. Hochwohlgebohrn in der Anlage einen kurzen Entwurf zu dem Antikengebäude, an welchem gegenwärtig in München gearbeitet wird, zu übersenden, mit welchem es fogende Bewandtniß hat. Der Verfasser desselben, Dr. Sickler, Schuldirektor zu Hildburghausen, behauptet in einem an S[eine]r Königlichen Hoheit unter dem abgeschickten Schreiben, Höchstdemselben in den ersten Tagen des nach Salzburg eine Rolle zugesendet zu haben, welche einen von 3 architektonischen Zeichnungen begleiteten und in 15 Briefbogen Text bestehenden Plan zu dem in München zu errichtenden Antikengebäude enthielt. Daß diese Rolle in Salzburg angekommen, und richtig abgeliefert worden, bescheinigt die Unterschrift des dortigen Hofzimmerwärters, Chr˖[istof] Feyl, die sich besagter Herr Sickler zu verschaffen gewußt hat. Da aber S˖[eine] K˖[önigliche] H˖[oheit] sich damals in München befanden, so ist kein Zweifel, daß der solche Uebersendungen besorgende und in seinen Geschäften sehr pünktliche Sekretair S[eine]r˖ K˖[öniglichen] H˖[oheit] die Rolle nach München abgeschickt habe, und S˖[eine] K˖[önigliche] H˖[oheit] haben, nach Höchstihrer Versicherung, alle eingegangenen Plane und Entwürfe zu jenem Gebäude an die Akademie der Künste abgegeben, wo sich denn höchst wahrscheinlich auch dieser Sicklerische befinden wird. Der Herr Schuldirektor, welcher, nach seinem Briefe zu schliessen, zu dem irritabile genus gehört, und sich in der Höflichkeit nicht übernommen zu haben scheint – (es ist dieß, im Vorbeygehen derselbe Hofzimmerwärters Sickler, der den ihm unbekannten Recensenten seines Werks über die Pomologie der Alten, den gelehrten Professor Schneider zu Frankfurt a/O auf dessen bekanntes Griechisches Lexikon verwiesen, und ihn bedeutet hat, aus demselben doch erst Griechisch zu lernen, ehe er einen Philologen, wie er, Dr. Sickler, sey, zu tadeln wage) stellt sich nun höchst ungeberdig, daß man ihm seinen Plan und seine 15 Bogen Text nicht wieder zurückgeschickt habe, und glaubt sich dazu um so mehr berechtigt, als »so manches Wesentliche seines Plans mit den bisher öffentlich bekannt gemachten Nachrichten über die von Klenze S[eine]r˖ K˖[öniglichen] H˖[oheit] vorgelegten Plane zusammenzutreffen scheine« und schließt endlich mit der Bitte »daß seine Rolle versiegelt, wie sie es gewesen, indem das deren befindliche Zeichen C.Z.S. mit der Nr. 24 sie hinlänglich kenntlich mache, ihm wieder zurückgesendet werde; außerdem würden, wie er sich ausdrückt, S˖[eine] Königliche Hoheit ihm wohl erlauben, die nöthigen öffentlichen Mittel, durch Bekanntmachung dieses so sonderbaren Vorfalls anzuwenden, um jene Rolle, die er in keiner fremden Hand wissen will, wieder unerbrochen (!) an sich zu bringen. –
Ew. Hochwohlgebohrn werden aus den wenigen Ihnen hier mitgetheilten Fragmenten des Briefs des Herrn Sicklers ohngefähr ersehen, weß Geistes Kind der vortrefliche Mann sey, und ich habe von S[eine]r˖ K˖[öniglichen] H˖[oheit] den Befehl erhalten, Sie zu ersuchen, die Plane und den Kommentar des Herrn Doktors hieher zu senden, damit Beydes, von einem verständlichen Briefe begleitet, wieder an seinen Verfasser zurückgeschickt werden könne.
Genehmigen Sie, verehrtester Herr Direktor, den Ausdruck meiner innigen Hochachtung, womit ich die Ehre habe, zu unterzeichnen,
Ew. Hochwohlgebohrn
ergebenster
P. Lichtenthaler.
Würzburg den .
N.S.
Als Nachtrag wollen S˖[eine] K˖[önigliche] H˖[oheit] den Zusatz, d[a]ß Ew. Hochwohlgebohrn von diesem Gegenstande nichts laut werden lassen möchten.