Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Ihre lieben Zeilen vom , mein gütiger verehrter Freund, liegen noch unbeantwortet vor mir; ich wußte Sie abwesend von München und achtete die Dinge, welche ich Ihnen zu melden hatte, für zu unwichtig, als daß ich Sie in Gastein mit einer Zuschrift glaubte belästigen zu dürfen.

Der Entschluß den Sie gefaßt, das paradiesische Salzburg zu sehen, wird Ihnen, ich bin dessen gewiß, einen hohen Genuß gebracht haben. Nun sind es schon , daß ich mich in jenen Gegenden herumgetrieben, aber noch fühle ich mich begeistert, wenn meine Phantasie nur das Gesehene in all seiner Großartigkeit wieder herbeizaubert. Hätte ich doch nur eine Woche mit Ihnen in Gastein verleben können!

Nach London und Paris komme ich diesmal leider nicht, die Umstände waren meinen Wünschen zu ungünstig. Ich muß, statt jener vorgehabten großen Ausflüge, mich damit begnügen den Rhein zu sehen. In 8–10 Tagen treten wir unsere Reise an. Wir werden bis Kölln gehen, an jedem Orte verweilen, der sehenswerth nicht unterlaßen, kleine Exkursionen landauswärts zu machen; insonderheit freue ich mich ungemein darauf, Laacher See zu sehen, denn wenn es in Deutschland ausgebrannte Feuerberge gibt, so gehört jene Gegend gewiß in die Klasse derer, wo wir sie zuerst zu suchen haben. – Ich will selbst sehen und behalte mir sodann vor, der Akademie die Resultate meiner Forschungen mitzutheilen.

Einen interessanten Landsmann von Ihnen habe ich kennen gelernt. Ich meine den Prinzen Paul. Er hält sich noch immer in Wilhelmsbade auf und war so artig, mich zur Tafel laden zu laßen. Prinz Paul ist ein junger geistreicher und unterrichteter Mann; eine seiner ersten Fragen galt Ihnen, dann erkundigte er sich mit vieler ### nach den übrigen, aus Schwaben gebürtigen, Mitgliedern der Akademie.

Als seltsamer Kontrast hält Sich jezt hier auch der abgesagte König von Schweden; er hat in Frankfurt eine unglaubliche Geschichte mit einem Lohnbedienten gehabt, eine Prügelei, wobei gegenseitig gegeben und empfangen wurde.

Über die Universität in Rheinpreußen hört man noch immer nichts Bestimmtes. Indeßen weiß ich doch so viel, daß Engelhardt (aus Dorpat und durch seine Reise nach dem Kaukasus vortheilhaft bekannt) für Mineralogie, Kastner für Chemie und Ruhland – für Physic dahin bestimmt seien – Ich glaube fast trovaròn il becco più duro a mungere.

Hier will man wißen, Göthe werde Sich in Heidelberg ansiedlen; Kotzebue soll von seiner Stelle (als Ober-Intendant des Theaters) nach Weimar kommen. Doch gebe ich das bloß als ein soll. Vielleicht sind Sie bereits besser unterrichtet.

Ich schließe, um Ihre Gedult nicht länger auf die Probe zu stellen. Die Beilage für Ihre Frau Gemahlin nebst meiner ergebensten Empfehlung.
Mit inniger Verehrung
Ihr
ganz eigner

Leonhard.