Hanau am .
Mit welcher Eile ich einige Zeilen für Sie, mein Verehrtester, niederschrieb, davon mag der Brief selbst zeugen! Entschuldigen Sie meinen Hast mit dem Drange Ihnen ungesäumt die erhaltene Nachricht kund zu machen und mit dem kurzen Momente, welcher mir von dem Reisenden gestattet wurde. Hoffentlich ist mein Schreiben bei Eingang dieses längst in Ihren Händen.
Vor Allem meine herzlichste Entschuldigung, daß Ihre freundlichen Zeilen vom so lange unbeantwortet blieben. Mein Schweigen hatte, wie Sie erachten werden, keinen anderen Grund als den, daß ich abwarten wollte, welchen Erfolg die Eingabe haben würde, von deren Inhalten ich Sie in Kenntniß gesezt hatte. Nun erhielt ich zwar, bereits vor einigen Wochen, eine vertrauliche Mittheilung von Seiten des würdigen Herrn Geh˖[eim]R˖[aths] von Ringel , welche mir die wahrscheinliche Erfüllung meiner Wünsche andeutete. Ungewiß jedoch ob ich davon (zumal für M˖[ünchen]) Gebrauch machen dürfte oder nicht, kämpften in mir der Wunsch, mich gegen Sie, den ich mit so voller Herzlichkeit schäzze, auszusprechen und die Furcht mich irgend einer Voreiligkeit theilhaftig zu machen. endlich wurde jeder Zweifel beseitigt, die Gewißheit verdrängte den Glauben. – Die Aufklärung mancher Verhältnisse bleibe ich Ihnen bis zur demnächstigen mündlichen Unterhaltung schuldig, es läßt sich nicht wohl Alles dem Papiere anvertrauen.
So wäre denn mein Loos geworfen und wie ich hoffe glücklich. Sie werden mir die Bitte gestatten, um Ihren bewährten Rath, um Ihre Zurechtweisung Sie ansprechen zu dürfen. Jeder Wink von Ihnen soll mir willkommen seyn. Sie nehmen den Reisenden mit so vieler herzlicher Güte auf. Tragen Sie dieses Wohlwollen auch auf den künftigen Mitbürger über. Ich sage es Ihnen mit inniger Offenheit, daß der Genuß Ihres lehrreichen Umganges eines der Haupt-Motive war, welches mein Entschluß für M˖[ünchen] fixirte. – Daß ich der Akademie nicht unnüzlich seyn möge, ist mein dringender Wunsch, wenigstens werde ich alle meine Kräfte aufbieten, um zu leisten was ich vermag. Ich bin sehr regsam gewesen, allein leider konnte ich der Wissenschaft nur sparsame Mussestunden widmen, ich war zu gebunden durch eine Fülle lästiger Dienst-Geschäfte. Darum hat die Zukunft einen eignen Reiz für mich, weil ich in ihr einen rein scientistischen Wirkungskreis hoffe. –
Sie haben auch hinsichtlich des Pecuniären mir so wohlmeinend gerathen, daß ich nur Vertraun mit Vertraun vergelten kann. Ich bin von dem Gouvernment mit meiner, als Zentral-Diener des aufgelößten Großherzogthums Frankfurt genossnen, Besoldung – fl. 2000 übernommen, lege ich zu dieser Summe Einige tausend Gulden eigner jährlicher Einkünfte, so denke ich in M˖[ünchen] mit Anstand leben zu können. Ich bin sehr genugsam und darf Ihnen meine Frau als eine treffliche Wirthin anpreisen; so wird sich, denke ich, Alles
Nun vor Allem noch eine Bitte (Sie müssen mir das Aphoristische dieses Briefes schon zu gut halten, denn mein ganzes Wesen ist seit einigen Tagen aus Aphorismen zusammengesezt). Sagen Sie mir doch, ob es üblich ist, daß man ein Schreiben an die Akademie in corpore erläßt und in welcher Form dießes geschehen muß? – Ich habe mich vorläufig darauf beschränkt mit der heutigen Post Herrn von Schlichtegroll , von dem ich mich mit einer Zuschrift überrascht sahe, zu antworten. will ich den Mitgliedern, die ich bereits früher kannte, oder deren Bekanntschaft mir mein lezter dortiger Aufenthalt gewährte – Moll, Soemmering, Wiebeking und Petzl – schreiben. Was habe ich noch ausserdem zu thun? Ich möchte nicht gern gegen irgend eine Üblichkeit anstossen. (Daß ich S˖[einer] M˖[ajestät] dem Könige meinen ehrfurchtvollsten Dank zu Füssen gelegt und auch S˖[einer] E˖[xzellenz] dem Herrn Minister Gr˖[af] von Montgelas , so wie dem Herrn G˖[eheim]R˖[ath] von Ringel schon geschrieben habe, versteht sich.)
Ich muß abbrechen, sonst bricht der Faden Ihrer Geduld.
Meine Frau ist sehr dankbar für das freundliche Andenken, welches Sie und Ihre verehrte Gattin ihr schenken und wir beide empfehlen uns Ihnen beiden zur gütigen Fortdauer Ihres Wohlwollens.
Mit inniger Verehrung und treuer Anhänglichkeit
Ihr
Leonhard.
Haben Sie schon Kenntniß von den neuesten Werken des herrlichen Göthe? – Es handelt von der Wissenschaft, Kunst und dem Alterthum am Maine und Rheine.
Diese Woche wird Fr˖[iedrich] Schlegel einen Tag bei mir verleben.