Schelling

Schelling Nachlass-Edition


»Der Schein muß dem Menschen oft das Seyn zeigen, der Traum den Tag«, sagt Jean Paul. Ich wünsche nicht, daß diese Regel auf die Zukunft meiner Verhältnisse in M˖[ünchen], wenigstens was die Wohnung betrifft, angewendet werden möge. Die lezte Nacht führte mir nämlich in einem Traumbilde meine häusliche Einrichtung vor, als sei die schon gegenwärtig. Ich befand mich übel und ohne Behagen, es gebrach an Raume und zumal an Höhe. – Da erwachte ich. Sehe mich getröstet durch die Versicherung meiner Frau, daß man bösen Träumen eine gute Deutung zu unterlegen pflege, faßte Muth durch die Aussicht auf die Ausnahmen, die keiner Regel abgehen und eilte zum Schreibtische um Ihnen, mein Verehrtester, eine alte Schuld abzutragen. Mich trifft indessen für diesmal der Vorwurf des Zögerns nicht allein. Ihrer würdigen Gattin waren längst schon einige Zeilen von meiner Frau zugedacht, allein das Fleisch zeigte Schwäche, so gut auch der Wille sich anließ. Heute soll nun bestimmt geschrieben werden und so hoffe ich, daß zu meinem Brieflein sich eine Beilage gesellen werde. – Jezt vor Allem die Beantwortung Ihrer freundlichen Worte vom .

Die Nachricht wegen Jena war mir leider schon früher als Sie die Güte hatten mir solche zu melden, durch Berliner Briefe zugekommen. Denken Sie sich die Innigkeit meiner Freude, als ich Ihre beruhigenden Worte las. Treu und ehrlich gestehe ich Ihnen, daß für mich, hätten Sie München verlassen, der höchste Reiz geschwunden wäre. – Da wir doch einmal von Anträgen und Aufforderungen reden, so darf ich Ihnen vertrauen, daß auch mir, neuerdings wieder etwas der Art von Berlin für die Rhein-Universität zukam. Mein Kabinet dessen besondere Vorzüge zum Unterrichte sich freilich nicht wohl erkennen lassen, scheint die Aufmerksamkeit des Pr˖[eußischen] Gouvernements in hohem Grade angezogen zu haben. Indessen ist mein Entschluß fest und unabänderlich und spätestens zu bin ich bei Ihnen.

Was sagen Sie zu dem Rufe, den Görres nach Jena erhalten haben soll? Ob er angenommen wurde, weiß ich nicht. – Schulze hat eine Anstellung in Koblenz (als Konsistorial- und Schulrath mit 2000 fl. Gehalt) bekommen und geht in 3–4 Wochen gleichfalls von hier ab. Er empfiehlt sich dringend Ihrem wohlwollenden Andenken und wird Hanau nicht verlassen, ohne Ihnen einen schriftlichen Beweis seiner hohen Achtung zu übermachen.

Die nachsichtsvolle Aufnahme, welche Sie fortdauernd meinen Tabellen vergönnen, verdanke ich herzlich. Verkennen Sie nicht, daß der Mit-Verfasser (ich meine mich) seine wissenschaftliche Ausbildung in der Krise eines drangvollen Geschäftslebens zu gewinnen bemühet war und daß niemand mehr und lebendiger als er einsieht, wie sehr sein Wissen Stückwerk ist. – Es versteht sich, daß Sie demnächst über mich und meine Sammlungen ganz zu gebieten haben. – Der Ee Bogen ist noch nicht gedruckt. Besondere Umstände haben dieses früher nicht zugelassen, ich werde ihn indessen nächstens nachsenden. Anbei die weiteren Bogen bis BBb.

Dringend bitte ich, wenn es geschehen kann ohne daß es Sie zu sehr belästigt, mir die bemerkten Unrichtigkeiten in dem Abschnitte über Galvanismus nicht vorzuenthalten. Mein Mit-Herausgeber, unser Chemiker Gärtner, freut sich sehr durch Ihre Güte zu einer Berichtigung veranlaßt zu sehen.

Die Kupfer – 10 grosse Tafeln meist illuminirt, bringe ich Ihnen demnächst mit.

Welche Gesezze bestehen in T˖[eutschland] hinsichtlich der GeistesErzeugnisse innerländischer Gelehrten? – An wen hat man Exemplare zu senden? – Ich dachte S˖[einer] M˖[ajestät] dem Könige, S˖[einer] E˖[xzellenz] dem Herrn Minister und Herrn G˖[eheim]R˖[ath] von Ringel , so wie der Akademie Exemplare zu überreichen. Ist es hinreichend? – – Sollte es dienlich seyn auch S˖[einer] K˖[öniglichen] H˖[oheit] dem Kronprinzen , der, wie man sagt, nächstens nach Aschaffenburg kommt, ein Ex˖[emplar] zu überreichen?

Was die Wohnung angeht, so hatten wir nur Sie, mein Theuerster, mit einer Bitte belästigt. – Ihren Rath wegen Miethung eines Absteigequartiers mit Möbeln halte ich – troz des Widerwillens gegen alles Provisorische den mir die neueste Politik beibrachte – für sehr trefflich. Louise hat in der Beilage das Weitere entwickelt. Rechnen Sie beide auf unsern tief gefühlten Dank.

Ich werde den Hinweg über Stuttgardt nehmen, um in Heidelberg einen Tag mit Daub , Creuzer, Fries u.s.w. zu verleben und in Tübingen die Bekanntschaft Kielmeyers zu machen.

Meine Rede über Bedeutung und Stand der Mineralogie ist zur Hälfte skizzirt, die oryktognostische Beziehungen bleiben mir noch zu ### übrig, indessen denke ich damit in einigen Wochen zu Ende zu seyn.

Wie steht es mit der Wiederbesezzung der Stelle für die Chemie? – – Ich hörte daß Vogel in Paris grosse Hoffnungen habe. Es wundert mich, daß man ### in Berlin gar nicht beachtete, ich versichere Sie es ist ein Mann von gründlichen und umfassenden Wissen und hat dabei das treueste Gemüth.

Ich schliesse unter den aufrichtigen Zusicherungen innigster Verehrung und unter den freundlichsten Empfehlungen an Ihre würdige Frau Gemahlin
Ihr
ganz ergebener

Leonhard.