Sr. Hochwohlgeb˖[ohrn]
Herrn Geheimen Rath,
Akademiker pp
von Leonhard
Unter den Umständen, die Sie mir in Ihrem Schreiben vom mitgetheilt, gebe ich natürlich jeden Anspruch, Sie hier zu sehen, auf, den Ihre früheren Äußerungen mich konnten fassen lassen. Indem ich Ihnen zum Voraus zu der Vermehrung Ihrer Familie glückwünsche, kann ich mir freylich nicht verbergen, wie sehr durch die davon unzertrennlichen Beschwerden Ihrer Frau Gemahlin die Angewöhnung an einen Ort erschwert wird, wo man unter allen Umständen nur durch viele Resignation existiren lernt. Möchten wir im Stande seyn, etwas zur Überwindung dieser ersten Eindrücke beyzutragen.
Von Raumer, schreiben Sie, mir einen Brief geschickt zu haben. Ich weiß nicht, ob einen von ihm selbst geschriebenen, oder einen von ihm mitgebrachten, dem sey aber wie ihm wolle, ich habe keinen erhalten. In beyden Fällen würde mich doch der Verlust schmerzen. Vor längerer Zeit hat mir Frau von Koehler einen Brief von Steffens eingeschlossen. Damals aber konnte Raumer noch nicht in München seyn, auch war in dem Brief ein andrer Überbringer genannt. Indeß hatte Steffens einen bald folg˖[enden] angekündigt, worin er mir über meine samothrac˖[ischen] Gottheiten, die ihn sehr angeregt zu haben scheinen, ausführlich schreiben wollte. Der Verlust würde mich um so mehr schmerzen, als Steffens einer der Wenigen ist, die die Tendenz dieser Abh˖[andlung] verstanden, von der ich in meiner nächsten Umgebung mir natürlich wenig Freude versprechen konnte. Ich bitte Sie also, im Fall Raumer noch dort wäre nun etwa zu erforschen, von wem der Brief war und ohngefähr was er enthielt. Haben Sie ihn auf die Post gegeben, so ist wenig Hoffnung, ihn wieder zu bekommen – vielleicht hat man ihm gar angerochen, daß etwas Pr. drinne ist? Verzeih’n Sie diese Weitläufigkeit; Ihre Freundschaft begreift, wie der Verlust eines Freundes-Briefes sie entschuldigt.
Ich bedaure übrigens recht sehr, einen so kenntnißreichen und geistvollen Geschichtsforscher wie Raumer versäumt zu haben, den ich selbst gern um Manches gefragt hätte. Wüßte ich, um welche Zeit er eben auf der nächsten Station, Benediktbayern, wäre, so würde ich ihn gern aufsuchen. Was haben Sie von Niebuhrs gehört und gesehen?
Von den liter˖[arischen] Anfechtungen, die Goethe’n bedrohen habe ich so von Ferne gehört. Seine alten Tage werden dadurch nicht getrübt werden, diese Rasse wird ihm nichts anhaben.
Noch wollte ich Ihnen einiges in Betreff der Vorschläge wegen Verbesserung der Akade˖[mie] schreiben. Allein der Bote, der immer ganz zufällig geht und gewöhnlich seinen Abgang 1/2 Stunde vorher ansagt, wartet mit Schmerz vor der Thür’. Inzwischen werden die Sachen nicht so schnell gehen, daß ich nicht noch mündlich mit Ihnen darüber sollte reden können. Nur dieß, daß Sie meiner Meynung nach etwas mehr, als bloß Theilhaber an fremden Planen seyn sollen. Ich gestehe, daß ich manche gute Hoffnung auf Sie gegründet, und weiß daß es auch von andrer Seite geschehen ist. Ein Mann, der mit wissenschaftlicher Lebendigkeit Geschäftseinsicht und Übung verbindet ist vielleicht noch der Berufenste, für ein so tief verdorbenes, unglücklich zusammengesetztes Ganze Mittel zu finden. Sind die Mitglieder zu dem berathenden Comité gleich mit vorgeschlagen worden?
Der Bote will keinen Augenblick länger warten. Daher nur noch die Versichrung aufrichtiger Verehrung womit ich immer seyn werde
Ihr
erg[e]b[en]ster
S.