Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Seit den einigen Jahren, daß ich mich in dieser Gegend aufhalte, habe ich immer gehofft Ihnen mein hochverehrter Herr und Freund hie oder da zu begegnen; ich suchte Sie auf einer Reise in Erlangen auf, Sie waren aber abwesend – ich erwartete Sie hier, da Sie mit Gotha so nahe befreundet sind – bis nun ist mein Wunsch unerfüllt geblieben.

Jetzt nehme ich eine Gelegenheit um zu sagen, daß ich Ihrer, wie schon so lange, mit wahrer Achtung treu gedenke.

Sie erhalten hier die neue umgearbeitete Ausgabe eines Buches vom Prof. Tholuck, von welchem Sie wahrscheinlich schon die erste kennen. Es ist ein Gegner den Sie nicht unwürdig finden werden – was er aufstellt ist ihm Wahrheit, Resultat heißer Kämpfe im Innern. Er ist noch jung – ein Feuer-Geist vom Orientalismus angehaucht.

Was er über Christus und Christenthum ausspricht – ist auch mein Glaube, meine Ueberzeugung – daß dies Ihnen entgegen stehen sollte, glaube ich nicht.

Werden Sie die Resultate Ihrer weitern Forschungen, die Ergebnisse eines längern Lebens der ernstern Welt noch länger zurückhalten? Wer so zu schweigen versteht wie Sie, der wird Wahrheit mitzutheilen haben, wohin auch der Weg mag geführt haben. Mir sind in diesem Bezug mehrere Stellen Ihrer Briefe während der Zeit des Jacobischen Streites stets im Gedächtniß – Sie schrieben damals an mich Sich beziehend auf Claudius und Stolberg. Ich war einer Ihrer ersten Verleger, gern möchte ich Ihr letzter seyn – der Abend des Lebens ist uns gleich nahe. Dies als Freund – mit dem Buchhändler werden Sie Sich vertragen.

Wie immer
Ihr
treu ergebenster

Friedrich Perthes,
meine Addresse:von Hamburg
derzeit in Gotha.