Lieber Bruder!
Ich bedaure sehr, Dir mit meinem Wunsch in Bezug auf Friz soviel Bemühung verursacht zu haben. Ich kann Dich aber versichern, daß ich mich damit gewiß nicht an Dich addressirt hätte, wenn Du nicht früher, in Bezug auf Paul, mir von freyen Stücken das Anerbieten gemacht hättest, Dich dafür zu interessiren, und von der Sache als etwas Leichtem und ohne Schwierigkeit zu Bewerkstelligenden geschrieben. Wenigstens war von der abgeschmackten Distinction: cum et sine effectu damals so wenig die Rede, als, daß ich auch meinen Übertritt in Bay˖[erischen] Dienste hätte anzeigen sollen. Es war nie meine Absicht oder Meynung, darauf als auf ein Recht Anspruch zu machen oder machen zu können; ein Gesuch deßhalb bey einem Wirtembergischen Collegium einzugeben konnte mir bey meinen Verhältnissen nie einfallen; als reine Gnadensache konnte ich es mit Anstand nur bey dem König unmittelbar suchen. Bemühe Dich also mit der Sache nicht weiter; ich schreibe noch heute an Herrn Rector Planck, die Sache, wenn sie nicht anders gehen kann, fallen zu lassen. Soviel ist sie mir nicht werth.
Es ist auch jetzt noch zweifelhaft, ob wir zu Pauls Confirmation hinauskommen. Ich werde in diesem Fall einige Tage vorher noch schreiben, um Dich zu bitten, uns Clärchen nach Nürtingen zu schicken, wenn Du sie nicht selbst bringen kannst. Nach Stuttg˖[art] zu gehen habe ich durchaus keine Zeit. Ich begreife nicht, wie Du auch jetzt wieder Schwierigkeiten wegen Clärchen zu machen scheinst. Es ist doch ganz natürlich, daß wir sie jetzt, da Du selbst ein Töchterchen hast und demnächst wie wir ganz gewiß hoffen, einen Sohn dazu erhalten wirst, wieder bey uns zu haben wünschen, und wenn wir der eben sich darbietenden Gelegenheit wahrnehmen, da sich sonst die Sache jederzeit wieder auf unbestimmte Zeit verschiebt.
Die Nachricht, die Du mir von Bruder August gegeben, hat mich auf’s Schmerzlichste afficirt. Ist denn gar nicht mehr anders zu helfen als mit einer Operation? Ich bitte Dich, ihm gelegenheitlich mein innigstes Herzeleid über diesen Unfall und meine feurigsten Wünsche für seine glückliche Wiederherstellung auszudrücken.
Lebe recht wohl, empfiehl uns Deiner lieben Frau und allen verehrten Verwandten auf’s Angelegenste.
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Fr.
N.S.