Herrn
MedicinalRath Dr. Schelling
in
frey bishin.
Erlangen .
Liebster Bruder!
Wir sind alle, die Kinder von Nürtingen, die Eltern von Carlsbad, an demselben Tag glücklich hier eingetroffen, und haben besonders der guten Nachrichten uns erfreut, die uns jene von Deinem, der lieben Tante und der kleinen Marie gutem Befinden gebracht haben. Die Kinder versichern uns, daß Du und Deine liebe Frau bey der letzten Anwesenheit der Kinder in Stuttgardt den Gedanken geäußert haben, mit uns noch in diesem Jahr am dritten Ort zusammenzukommen. In der Voraussetzung, daß dieß Dir und der lieben Schwägerin auch jetzt noch nicht unangenehm seyn würde, haben wir mit Freuden diesen Gedanken ergriffen, und bitten Dich daher inständigst, wo es immer möglich ist in der Woche zwischen dem (weil die Kinder am wieder in Nürtingen seyn müssen) mit Deiner lieben Frau (wir hoffen und wünschen recht sehnlich: auch mit der kleinen Marie) so wie mit Clärchen, an welchem Ort es Dir am meisten gefällt zu kommen, damit wir dort wenigstens 2 Tage zusammen zubringen können. Ich erlaube mir, zum Behuf dieser Zusammenkunft Crailsheim, Künzelsau oder Nördlingen vorzuschlagen; übrigens sind wir, wenn Deine Geschäfte keine weitere Entfernung zulassen sollten, erbötig, sogar bis Schorndorf oder welche andre Dir näher liegende Stadt Du vorschlagen möchtest, zu kommen. Die beyden erstgenannten würde ich vorziehn, weil es mich ungemein freuen sollte, wenn auch Bruder August an dieser Zusammenkunft Theil zu nehmen sich entschließen sollte. Du bist wohl so gütig, ihn in Deinem und auch meinem Namen hierzu einzuladen. Die einzige bey der Wahl des Ortes zu nehmende Rücksicht wäre auf ein geräumiges und sonst annehmliches Wirtshaus. In den beyden zuletzt genannten Orten würden wir dieß finden; vielleicht bist Du in Crailsheim bekannt und weißt dort auch ein solches. Mir ist übrigens jeder Ort recht; bestimme ihn nur gleich und im nächsten Brief so wie den Tag, an welchem Du dort einzutreffen gedenkst. Wir hoffen, daß Du die Güte haben werdest, alsdann die beyden Knaben wieder mit nach Würtemberg zu nehmen, wogegen wir sehr wünschen, bey dieser so guten Gelegenheit endlich Clärchen mit uns zu nehmen. Gewiß kann es Dir und Deiner lieben Frau jetzt auf keine Weise schmerzlich seyn, dieses Kind in dem blühenden Zustand, in welchem es sich, dank Deiner und Deiner lieben Frau treuesten Pflege! befindet, uns zurückzugeben; und Du selbst wirst auch darinn mit uns einig seyn, daß es Zeit ist, sie an die Verhältnisse ihres elterlichen Hauses und in denen sie künftig zu leben bestimmt ist, zu gewöhnen. Wir bitten uns nur das Einzige aus, daß Clärchen von diesem Vorhaben nichts voraus erfahre, um ihrem Gefühl die unstreitig heftige Erschütterung zu ersparen, die ihr die vorausgewußte Trennung nicht bloß von Dir und Deiner lieben Frau sondern auch von Deiner ganzen Familie und so vielen lieben Bekannten und freundlich Wohlwollenden verursachen würde. Ich hoffe, daß der nahe bevorstehende Mondswechsel uns wieder heitere und wahrscheinlich zugleich warme Witterung herbeyführen soll, und daß Du in sofern keinen Anstand nehmen werdest, auch Dein liebes kleines Töchterchen mitzubringen; unsre Freude würde nur halb seyn, wenn wir darauf verzichten müßten, auch dieses liebe Kind bey der Gelegenheit ansichtig zu werden.
Lebe inzwischen recht wohl und antworte bald Deinem
tr˖[euen] Br˖[uder]
Fr.