Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Liebster Bruder!

Wir sind glücklich und unsres starken Gepäcks ohnerachtet mit guten Pferden schnell gefördert, bey guter Zeit hier angekommen. Möge uns bald gleich gute Nachricht von Dir werden, denn besonders die erste, fast zu starke, Tagreise machte uns einiger maßen besorgt. Meine gute Frau behielt unterwegs ziemlich Fassung, als sie aber zu Hause Clärchens Bett, Spielsachen sah und sie selbst im Kreise der nun wieder in der gewohnten Umgebung versammelten Kinder vermißte, brach das Mutterherz und nur der Gedanke, das Kind in den Händen ihrer liebsten Verwandten zu wissen, konnte sie aufrichten. Sie sehnt sich unbeschreiblich nach Nachrichten von Clärchen, sie wünscht zu wissen, wie sie die Reise ausgehalten, ob sie kein Sehnen nach den Geschwistern zeigt, mit denen sie so lieblich spielte. – Möge das Kind nun Dir und Deiner liebsten Frau nur recht zur Freude gereichen, um Euch zu entschädigen für die Sorge und Beschwerde, die Ihr mit ihm zugleich übernommen und an der es weder im Anfang noch in der Folge fehlen wird. Empfang, nebst Deiner lieben Frau, nochmals unsern herzlichsten Dank für die große, bey Euch, genossene Güte, wie für die Freude, die Ihr uns durch die Zusammenkunft in Nürnberg bereitetet. Mir sind diese Tage wie ein Traum vergangen. Alle Kinder wollen Onkel und Tante gegrüßt wissen, Paul ist heute schon wieder in der Schule. –

Leb’ recht wohl, liebster Bruder, und behalte uns alle in freundlichstem Andenken.
Dein tr˖[euer] Br˖[uder]

Fr.

N.S.

Damit Du Dir wegen des in Nürnberg von Seiten der Polizey erfahrnen Aufenthalts keine zu schlimmen Vorstellungen machest, schicke ich Dir den Entschuldigungs-Brief des Bürgermeisters, den er mir auf Anordnung des Stadtcommissairs schreiben mußte. Nicht ganz eine Stunde nach Euch kamen auch wir fort.