Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Ihr Brief, Freund, war mir begeisternder Zuruf. Ihr Urtheil hat für mich solchen Werth, daß ich mir nicht allein eitler Weise etwas darauf zu gut thue, sondern davon zu Höherem und Besserem angefeuert werde. – Bei dem Lob, das Sie dieser Schrift ertheilen, rechne ich jedoch viel auf Ihre Nachsicht und die Bestochenheit der Freundschaft; denn ich finde, daß sie besonders im Einzelnen viele Mängel hat und weit besser werden konnte, wenn sie nicht binnen zwei Monaten geschrieben und gedruckt wurde.

Hier hat selbige ein ungemeines Aufsehen gemacht und ist nicht anders wie eine Bombe in die Stadt gefallen. Trotzdem hat sie für meine äußere und bürgerliche Existenz keine nachtheiligen Folgen gehabt. Im Gegentheil, sie hat mir viele Freunde erworben. Es ist auffallend, wie Menschen aller Art und jeden Standes davon ergriffen worden, daß Sie mir ein Bild wurde von der Wirkung auf die Gemüther, welche unsere vollkommen entwickelten Gedanken einst in ihrer Ausbildung zur letzten Klarheit auf das Menschengeschlecht haben müssen. – Seit vielen Jahren habe ich die anfängliche Bescheidenheit, blos für Wissenschaft und Schule, wenn gleich auch dies Letzte doch in höherem als gewöhnlichem Sinn, zu wirken, mehr und mehr aufgeben und einsehen müssen, daß die Vorsehung eine Veränderung der ganzen Denkart und keinen Theil verschmäht will. Vielleicht hat der erste Versuch, auch auf den geistlichen und alle Stände zu wirken, darum so glücklich ausfallen müssen, um mich hierin zu bestärken. Dies ist der eigentliche, stille, noch unausgesprochene Sinn der von mir angekündigten Zeitschrift. Ihre Gedanken, Freund, sind völlig die meinen. Polemik thut Noth, aber ganz andere, die mit Blitzen vom Himmel, mit Donnern der Begeisterung niederwirft, mit sanftem Wehen eines göttlichen Geistes die gesunden Keime belebt. Hiezu seien wir denn beide innerlichst verbündet! Ich nehme Ihre Hand und reiche Ihnen die meinige. Unsere Gedanken müssen sich wohl nahe berühren; ich seh’ und erkenn’ es aus Allem, und die Folge wird’s ja zeigen. Sie und ich, beide haben wir einige Jahre zugesehen, nur um desto kräftiger wieder einzugreifen.

Ich hoffe nebst dem schon fertigen Theil der Weltalter noch das erste Heft der Zeitschrift zur zu bringen. Nach diesem und auch nach dem zuerst folgenden bitte ich Sie kein Urtheil zu fällen. Ich werde langsam herausrücken, aber Volksmäßigkeit ist das Hauptabsehen. Auf Ihre Mitwirkung habe ich gar sehr gezählt. Schreiben Sie mir, ob Sie vielleicht gleich zu einem der ersten Hefte etwas beizutragen wüßten. Der Bogen wird mit 2 Carolins honorirt – das Mögliche in den schlechten Zeiten.

Heil und Segen Ihnen mit den vielen Kindern und den Zwillingen insbesondere; das ist doch der reinste, lauterste Segen vom Himmel, und keine Gebete dringen so mächtig zum Himmel als Kindergebete. Lehren Sie doch ja die Kinder alle recht früh beten. Könnt’ ich Sie doch einmal sehen in Ihrem Reichthum! Neidlos, doch vielleicht nicht ohne Wehmuth würde ich in meiner Armuth neben Ihnen stehen.

Ich muß schließen, lieber Freund, auch dies hat mit größter Eile die Hand nur hingeworfen. Schreiben Sie mir bald wieder. Freundesstimme geht über Alles im armen Leben. Rechnen Sie auf mich,
Ihren
treu ergebenen

Schelling.