Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster
König,
AllerGnädigster König und Herr!

In diesen Tagen habe ich durch die Akademie der Wissenschaften die Allergnädigste Bestätigung erhalten, welche Eure Königliche Majestät mir als erwähltem Vorstande derselben zu ertheilen geruht haben.

Überhäuft mit Ehren und Wohlthaten und den rührendsten Beweisen des AllerHöchsten Vertrauens, könnte ich, nach meiner persönlichen Empfindung nur sagen: Herr, ich bin nicht werth so vieler Gnade!

Doch, das ist die Wirkung des wahren König’s, daß Er, der festen Schrittes zur Unsterblichkeit wandelt, auch geringere Geister mit Sich fortreißt, die Zaghaften und Schwachen über ihre Persönlichkeit, ja über ihr Vermögen hinaus zu Leistungen befähigt.

Eure Königliche Majestät haben mir wieder Brust und Stimme, und einen mein ganzes Innres ausfüllenden Lebenszweck gegeben! Wie könnte ich dafür je genug in Worten oder Werken danken! Von nun an lebe ich allein für den Dienst Eurer Königlichen Majestät, dem ich alle Kräfte, bis zum letzten Hauche widme, als das höchste Ziel betrachtend, daß die unbestechliche Geschichte, wenn sie einst die Schöpfung König Ludwig’s erzählt, nach größern und ruhmvollern Namen, von mir sagen möge: auch ihm war vergönnt, etwas zu wirken für die Königliche Absicht: Erhebung des Bayer’schen Volkes zu dem ihm gebührenden Standpunct im Reiche des Geistes!

Um den Anfang meines Wirkens in München zugleich als einen Wendepunct meines ganzen geistigen und wissenschaftlichen Lebens zu bezeichnen, habe ich mir vorgenommen, gleich im nächsten Winter den Inhalt eines unter dem Titel: die Weltalter lang’ erwarteten Werks das erstemal öffentlich vorzutragen.

Nur zufällige, nicht zu beseitigende Umstände konnten mich verhindern, Eurer Königlichen Majestät in Anspach meine persönlichen Huldigungen zugleich mit dem ehrfurchtsvollsten Danke darzubringen; um so tiefer hat es mich gerührt, durch G˖[eheimen] Hofrath von Wendt versichert zu werden, daß Eure Königliche Majestät meiner in Gnaden zu denken geruht haben.

Gott erhalte Eure Königliche Majestät, und kröne fürder alle Ihre erhabnen Absichten mit glorreichstem Erfolg!

In allertiefster Ehrfurcht ersterbe ich
Eurer Königlichen Majestät
allerunterthänigst-treugehorsamster

Schelling