Ich hatte mir schon mehrere Tage vorgenommen, Dir zu schreiben, wurde aber immer theils durch Sitzungen, Examina und die Nothwendigkeit, in diesen lezten Tagen zweimal auf das Land zu reisen abgehalten. Ich habe nun in Betreff der Angelegenheit mit Fritz mit dem Direktor Süskind selbst ausführlich gesprochen, und die Überzeugung von ihm erhalten, daß um den Fritz in ein Seminar˖[ium] zu bringen, nur zwei Wege offenstehen, wovon der Eine der ist, daß Du außer dem vorbehaltenen Regress ins Vaterland noch irgendwo das Württemb˖[ergische] Bürgerrecht hättestDu wirst Dich vielleicht wundern, daß ich Dir nicht früher über die Verhältniße wegen der Aufnahme ins Kloster bestimmtere Auskunft geben konnte, es scheint mir aber, die Herren waren selbst darüber nicht im Klaren. Wenigstens ist mir früher nichts davon gesagt worden, daß außer dem regressus in patriam auch noch das Bürgerrecht nöthig seye. Über diesen Gegenstand will ich mich nur noch näher erkundigen, und Dir alsdann seiner Zeit darüber schreiben., der andere aber der, daß man sich mit der Zeit, wenn es sich darum handelte, unmittelbar an den König selbst werden würde. Der leztere Weg wäre allerdings der Kürzeste, für den Augenblick aber kann er nicht wohl ergriffen werden, weil der König, ohne daß ihm PrüfungsZeugniße vorgelegt werden können, schwerlich eine vorläufige Zusage zur künftigen Aufnahme ertheilen, sondern nur die vorläufige Genehmigung des Besuchs des LandExamens ertheilen würde, welche leztere aber der StudienRath für sich allein schon ertheilen kann, und ertheilen wird, wenn Du es wünschest. Ich hätte nun geglaubt, daß vorläufig eine Eingabe um das LandExamen hinreichend wäre, in der Zwischenzeit wird alsdann schon wieder weiterer Rath geschafft werden können, und mit der Verschaffung des BürgerRechts hat es noch auf jeden Fall Zeit, im Fall Du diesen leztern Weg einschlagen wolltest. In der Verfaßungsurkunde ist keine Stelle, welche sich zu Gunsten dieses Falls interpretiren ließe, wie mich dieses auch der Präsident Weishaar und mein Schwager Wächter versichert haben. Wenn es Dir nun recht wäre, so wollte ich eine Eingabe in Betreff des Besuchs des LandExamens an den StudienRath in Deinem Namen machen, oder wenn Du es für angemessener hieltest, daß dieses durch den Rector Planck geschähe, so müßtest Du diesen darum angehen, doch sollte in der Bittschrift nichts stehen, daß Du auf spätere Anstellung in Wirttemb˖[erg] Verzicht leisten wolltest, weil dieses gerade ein Hinderniß der Aufnahme seyn würde. Ich habe dem Süskind den Fall mit dem Sohne eines baierischenBeamten aus Weißenburg, von welchem Du mir geschrieben hast, mitgetheilt, er wollte sich aber durchaus eines solchen Falles nicht erinnern, und gieng in meinem Beiseyn mehrere Jahrgänge des Reg˖[irungs]blatts durch, ohne daß ein Ausländer unter den aufgenommenen zu finden gewesen wäre.
Was die künftige Aufnahme Pauls in ein Seminar˖[ium] als hospes betrifft, so wird es fast nicht anders angehen, als daß Du ihn durch Maulbronn den Kurs machen läßest, weil nun in den Seminarien ein bestimmter fortlaufender cursus eingeführt ist, in welchen er nicht eintreten kann, ohne den frühern Lauf mitgemacht zu haben. Auch zweifle ich, ob eine Aufnahme in ein anderes Seminar wird gestattet werden, da die hospites in neuern Zeiten durchaus gantz derselben Regel unterworfen sind, wie die Seminaristen, und eine eigene Verordnung besteht, daß nie mehr ein Seminarist in eine Promotion eingeschoben werden könne. Außerdem ist in Urach die jüngste Promotion, ob Du aber gut fahren würdest, den Paul dahin zu thun, zweifle ich, unser Vetter Professor Köstlin ist nämlich ein ängstlicher skrupulöser kräncklicher Mann, der d[ie]s[e]n die Hälfte der Zeit wegen eines schon mehrere Jahre daurenden mit Hypochondrie verbundenen Augenleidens von Urach abwesend seyn wird, der andere Professor Namens Finck aber, der eine Fräulein von ### zur Frau hat, so viel ich weiß, keine Kostgänger annimmt, auch eben nicht große Freude an jenem Berufe zu haben scheint. Ich wollte mich gerne erbieten, den Paul, wenn Du ihn in das Gymnas˖[ium] hier schicken wolltest, aufzunehmen, allein in m˖[einer] gegenwärtigen Wohnung würde es mir an Raum, und bei m˖[einen] übrigen Verhältnißen an der Zeit gebrechen, dem Paul so Vieles leisten zu können, als ich wünschte. Zudem bringt es mein Beruf auf sich, daß wir oft erst um zwei oder drei Uhr zu Mittag essen, und so auch Abends erst spät zum Abendessen kommen, so daß in dieser Hinsicht keine gehörige Ordnung in unserem Hause herrscht. Wenn Du übrigens unter den vorwaltenden Umständen ernstlich wünschtest, den Paul hier feine Laufbahn fortsetzen zu laßen, so würde ich mir alle Mühe geben, auf irgend eine Art die Sache in Ordnung zu bringen. Es kommt mir übrigens sonderbar vor, daß Planck den Paul nicht mehr länger hat behalten wollte. Ich hätte immer geglaubt, daß es noch am besten für ihn gewesen wäre, ein Jahr länger in Nürtingen zu bleiben. Planck hat mir davon nichts gesagt, sondern nur geäußert, daß Paul nach der lezten Herbstvakanz ein so sonderbares Benehmen beobachtet habe, daß er am Ende genöthigt gewesen seye, ihm zu sagen, daß er auf diese Weiße ihn nicht mehr länger im Hause behalten könne, seit dieser Zeit aber seye er nun gantz ordentlich. Ich hätte immer gedacht, daß es vielleicht zweckmäßig wäre, wenn Paul wenigstens den nächsten noch in Nürtingen bliebe, und wenn Du ihn alsdann vielleicht ein halbes Jahr den über in Deiner Nähe behieltest, und ihn alsdann im nach Schönthal als hospes oder lieber ins Gymnas˖[ium] thun wolltest. AugustsSohn ein gantz ordentlicher und geschickter Junge wird wahrscheinlich bis dahin auch nach Schönthal kommen, und August könnte alsdann öfters nach ihm sehen, oder gelingt es mir vielleicht bis dahin, eine andere Wohnung zu bekommen, so, daß ich ihn alsdann vielleicht doch hier aufnehmen könnte.
Leb recht wohl und gesund, und empfehle uns D˖[einer] lieben Frau aufs Beste, Klärchen ist wohl und gesund.
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]