Sr. Hochwohlgebohren
Herrn Director von Schelling
in
frei.
Liebster Bruder!
Ich dancke Dir und Deiner lieben Frau von Hertzen, daß ihr es uns gestatten wollet, Klärchen wenigstens diesen über noch bei uns zu behalten, wenn es nur Dir und Deiner lieben Frau nicht zu weh thut, dieses Kind noch länger zu entbehren! Wir können es uns wohl dencken, daß durch die Abreise der beiden Knaben eine Lücke in eurem Hause entstehen wird, wegen welcher die Zurückkunft Klärchens doppelt wohlthuend würde gewesen seyn. Aus dieser Hinsicht mache ich mir nun eine Art von Vorwurf daraus, wenn ich in meinem lezten Brief, den ich etwas schnell schreiben mußte, um die Post nicht zu verfehlen, die Schwierigkeiten des Hinbringens Klärchens zu sehr herausgehoben haben sollte. Ich glaubte aber, sie Dir nicht vorenthalten zu dürfen, indem es mich und meine Frau so ängstigte, wenn sie unterwegs kranck geworden wäre. Sie hat auch im Laufe der vorigen Woche eine leichte AugenEntzündung bekommen, welche aber bereits von selbst wieder vorüber ist. Übrigens ist sie gesund und wohl, und freut sich sehr, ihre Brüder bald zu sehen. Wir hoffen, diese werden die bei uns zubringen dürfen, und freuen uns recht sehr auf diese Zeit. Wenn Du glaubst, daß es Ihnen Freude macht, so wollten wir sie, wo möglich, noch früher in Nürtingen besuchen, um nach ihnen zu sehen. Auch wird es uns gewiß die größte Freude machen, wenn wir ihnen irgend etwas Gutes erweißen können. Wir bitten daher Dich und Deine liebe Frau, uns nur einen Winck zu geben, wenn wir ihnen irgend etwas leisten könnten. So würde sich auch meine Frau ein wahres Vergnügen daraus machen, wenn sie den Knaben bisweilen eine Schachtel mit etwas Eßbarem zugehen laßen könnte, nur wißen wir nicht, ob der Rektor Planck es gerne sehen wird.
Bis nächsten wird hier die Weinlese anfangen. Das bisherige gute Wetter hat den Trauben noch ein wenig nachgeholfen, doch wird die Weinlese an den meisten Orten der Quantität und Qualität nach gering ausfallen. Sobald wir Trauben bekommen, welche genießbar sind, werden wir eine Probe davon abschicken. August hat seinen Gustele nicht nach Würzburg gebracht, den Grund davon weiß ich nicht. Der Fuß ist noch immer im Alten, wie ich mich davon in diesen Tagen überzeugt habe, indem die Beate von dem Knaben hieher begleitet wurde. Dieser sagte mir, sein Vater habe die Reise nicht unternommen, weil er auf seinen lezten Brief nach Würzburg keine Antwort bekommen habe. Deinen Brief und das Buch habe er richtig erhalten.
Die Stelle an dem hiesigen Gymnasium ist nun durch Prof. Hochstetter in Hohenheim ersetzt; dieser ist ein Schwager von StaatsRath Schmidlin, übrigens unter den übrigen Kompetenten der Vorzüglichere gewesen. Neues weiß ich sonst nichts zu schreiben.
Leb recht
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Karl.
St˖[uttgart] den .