München den .
So war es denn vergebliche Hoffnung, mit der wir uns schmeichelten, Sie, Verehrungswürdigster Herr Geheimer Rath, hier zu sehen; alle Zeitungen kündigen Ihre unmittelbare Rückreise nach Weimar an. Wir trösten uns jetzt damit, daß uns kein Besuch im bloßen Vorüberstreifen zugedacht war, daß wenn erst die großen Werke aus Aegina angekommen sind, Sie, wie Herr HofR˖[ath] Meyer zum Voraus hoffen ließ, einen förmlichen Aufenthalt bey uns machen werden. Seit die Meere wieder frey sind, hofft man auf deren Überkunft, aber noch will nichts Bestimmtes verlauten. Als Vorläufer ist inzwischen der eine Koloß von Monte Cavallo angekommen, der in einem (obwohl 32’ hohen) Saal einen gewaltigen und durch die herrliche Bewegung die in ihm ist überraschenden Eindruck macht.
Der gütevolle Brief, mit dem Sie mich im vorigen erfreuen wollten, der aber sehr spät in meine Hände gekommen ist, hat mir innerlichst wohlgethan, aber zugleich das immer mit einigem Schmerz verbundne Andenken jener Tage erneut, da ich Ihre Nähe und oft Ihres Umgangs gewürdiget, dieses Glücks in jugendlicher Verworrenheit und Unbestimmtheit lange nicht so genossen, wie ich gekonnt hätte, jener Tage, von denen ich mir oft nur einzelne Stunden zurückgewünscht, seit ich hoffen könnte, Ihnen manches Innigere, Ansprechendere und Weitere als in meiner damaligen Enge und Befangenheit entgegenzubringen.
Inzwischen erfreue ich mich an den Früchten Ihres Geistes, bey denen ich immer Ihre Persönlichkeit auf’s lebhafteste mir zurückzurufen suche, am meisten natürlich bey dem was Sie uns von Ihrem Leben erzählen, einem Werk, an dem und aus dem ich mich so sehr erbaue, als nur an irgend einem Ihrer früheren.
Ich fühle eingermaßen die fast gänzliche Einsamkeit, welche dem, der so viele Umgebung und Anregung von Schülern und Mitstrebenden gewohnt war, doppelt empfindlich seyn muß. Doch bin ich jetzt in Vollendung eines Werks, über dem ich lange gebrütet, des ersten, von dem ich wünsche, Sie möchten es dem ganzen Zusammenhang nach lesen und durchdenken. Ich meyne, der Hauptgedanke müßte Ihnen zusagen. Sobald es fertig, nehme ich mir die Freyheit es Ihnen zu schicken.
Ich habe eine Frau geheyrathet, die ganz das ist, was ich wünschen kann, wie ich die Beruhigung genieße, daß es auch ihr bey mir körperlich und geistig wohl ergeht. Sie empfiehlt sich Ihnen mit der zärtlichsten Anhänglichkeit.
Nun habe ich noch einen Auftrag unserer Kunst-Akademie zu erfüllen. Sie hat schon unter ihren ersten auswärtigen Ehren-Mitgliedern Sie ernannt; aus welchen Beweggründen brauche ich nicht zu sagen, genug daß sie damit sich selbst mehr zu ehren glaubte als Sie; und nun soll ich Ihnen auch das Diplom überschicken. Mögen Sie es freundlich aufnehmen und ferner dieser redlich sich bestrebenden Anstalt einige Theilnahme schenken.
Dem jungen Müller scheint es hier wohl zu gefallen, wie auch er gefällt. Er hat bey der jetzigen Ausstellung einen Kopf nach der Natur, der durch Lebendigkeit und durch Zartheit der Behandlung hervorsticht. Alle unsern Einrichtungen sind so liberal, daß ich kaum wüßte, wie er meiner Hülfe in irgend etwas bedürfen könnte.
Hiemit empfehle ich mich Ihrem gütigen Andenken wie ich mit der treuesten Verehrung verharre
Ihr
ganz geh˖[orsamer]
Schelling
N.S.
Ich habe die Sendung noch etwas zurückgehalten, um Exemplare unsres letzten Programms (eines für Herrn Hofrath Meyer) beyzulegen. Ich bitte Sie dieses als etwas zum Theil von Amtswegen, nach Rücksichten und Verhältnissen geschriebenes zu betrachten. Die Umrisse sind nicht zum Besten ausgefallen: das Original des Theseus ist wirklich weit vorzüglicher als die Copie; man mußte der Vorliebe für diese hierländische Erfindung des Steindrucks etwas nachgeben. – Der Himmel erhalte Sie gesund und gebe Ihnen den heitersten !