Durch eine Reihe von Zufällen, denen man gewöhnlich ausgesetzt ist, wenn man die Briefe nicht im Vorrath schreibt, ist es geschehen, daß Sie eine ziemlich lange Zeit ohne Nachricht von uns geblieben sind. Ich hoffe, die bestimmten Versicherungen der früheren Briefe werden Sie außer aller Sorge gesetzt haben. Sollten Sie aber doch sich geängstet haben, so hoffe ich auf Ihre Verzeihung und freue mich um so mehr, Ihnen melden zu können, daß alles seinen guten Gang gegangen ist, Pauline jetzt den Tag außer Bette zubringt, heute das erstemal mit uns zu Mittag gegessen hat und wahrscheinlich noch viel früher wieder zu vollen Kräften gekommen wäre, wenn der heutige nicht beynah’ seit 6 Wochen der erste schöne Tag wäre, der uns zu theil wird. Inzwischen ist auch die Taufe gewesen, wobey unsre Kleine die Namen Marie Caroline Luise erhielt; am nämlich; Pauline hat aus eigner Wahl M[a]d[a]me˖ Thiersch zu Gevatte gebeten, derer Stelle dann, weil sie krank wurde, Ihr Gemahl vertreten mußte. Dieses gibt mir denn auch Veranlassung, mich an Sie zu wenden, liebes Julchen, denn ich bemerke erst jetzt, daß ich Sie noch gar nicht angeredet habe, obgleich der Brief gleich zuerst in Gedanken an Sie gerichtet war. Ich habe Ihnen nämlich zu melden, daß wir uns die Freyheit genommen haben, Sie dießmal insbesondre unter die Pathen eintragen zu lassen, ich hoffe nicht, Sie werden beschämend mich zurückweisen, weil ich nicht vorher geziemender Weise um Ihre Erlaubniß gebeten habe. Lassen Sie Sich also die kleine Caroline auch ganz besonders empfohlen seyn, der es hoffentlich gelingen wird, neben den Brüdern auch noch das Herz der Grosmutter und der Tanten zu gewinnen, wenn sie ihnen nur erst, wie im , unsrer sichern Hoffnung nach, geschehen wird, sich selbst zeigen kann. Insbesondre empfehle ich die kleine Pathe Zum Voraus in Ihre freundlich-ernste Erziehung, die an Paul so viel Gutes gethan hat, seit einiger Zeit beunruhigt sie uns öfters, nicht mit Krankseyn aber mit Schreyen, etwas über Gebühr.
Nur noch eine Bitte! Pauline hat auch ihren geliebten Oheim Herrn LegationsRath Stieler sich zum Pathen des kleinen Töchterchens ersehen. Sie übernehmen wohl, ihm dieß zu sagen und mich zu entschuldigen daß ich nicht selbst geschrieben. Er ist viel zu gut und zu freundlich, um auf einen Gevatterbrief nicht zu antworten – aus diesem Grunde habe ich vorgezogen, ihn mit keinem besondern Schreiben zu behelligen und ich hoffe dieser Grund wird bey ihm als einem viel thätigen Manne, Eingang und Billigung finden.
Nun bleibt uns nichts zu wünschen, als daß sie die ersten schönen Tage, die uns jetzt geschenkt zu werden scheinen, benutzen könnten, Ihre Reise zu uns anzutreten; denn leider! kann ich dem guten Wetter für diesen ganzen nicht viel zutrauen. Doch hoffe ich, Sie sollen uns und Pauline besonders, welche auf die Ankunft der lieben Ihrigen die Tage zählt, in dem nächsten Brief schon die Freude machen, etwas Bestimmtes über Ihre Abreise und über Ihre Ankunft zu melden.
Bleiben Sie indeß alle gesund, und sey’n Sie alle, Sie aber, liebstes Julchen, ganz besonders unserer herzlichsten Liebe und Ergebenheit versichert –
S.
N.S.
So eben sagt mir P˖[auline] noch, daß Sie von Frau von Breyer die Anfrage übernommen hat, ob Sie derselben nicht eine Jena’sche Thee Maschine mitbringen könnten und wollten. Ich entledige mich dieses Auftrags und muß übrigens gänzlich Ihnen anheimstellen, in wiefern Sie sich mit einem solchen zerbrechlichen Auftrag befassen und belästigen wollen.