Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König,
Allergnädigster König und Herr!
Am , zum siebzigsten Jahrestag der Akademie hielt ich öffentlich eine Rede – nicht in dem Ton früherer Zeiten, der öffentlich alles pries, während in der Stille geseufzet wurde, und das Publikum, mit den wahren Umständen und Verhältnissen wohl bekannt, die Akademie und ihren Redner belachte, sondern im männlichen Ton, wie es dem Vorstand einer unter Königlichem Schutze stehenden Gesellschaft geziemt.
Der Eindruck auf das Publicum war dem gemäß. Die ältesten und ehrenwerthesten Mitglieder der Akademie bezeugten nicht weniger als die jüngeren ihre Zufriedenheit. Alles wünschte den Druck.
Herr Minister von Schenk, der den Vortrag gehört hatte, ließ hierauf den Prof. Schubert rufen, um mich von dem Druck unter Voraussagung der unfehlbaren Ungnade Eurer Königlichen Majestät abzuhalten.
Dieß gab mir Veranlassung, das anliegende Schreiben oder Mémoire an den Minister in die Feder zu dictiren.
Als es fertig war, reute mich Mühe und Zeit; »es wird doch nichts helfen«, sagte ich mir, »und ich vergebe mir nur, indem ich diese Möglichkeit voraussetze.« – Bald darauf: »Nur der König kann uns helfen, und nun auch, wie eingegeben, der Entschluß, es nicht an den Minister, sondern, so wie es war, an Seine Majestät zu schicken!
Vor allem geruh’n Eure Königliche Majestät nun ein Exemplar der Rede selbst anzunehmen (so gut es, in der Schnelle der Post wegen, zu haben war.) Alles Reine und Wahre findet im Geist und Herzen Eurer Königlichen Majestät seinen natürlichen Widerklang. Den wahren Sinn und Geist des Königs, wenigstens so weit er ihn zu erfassen vermochte, gegen die Verdunklungen der Ausführung geltend zu machen, war die Absicht des Verfassers. Im Wesentlichen kann er sich nicht geirrt haben, obwohl seit dem Antritt seines Amtes keines auf die Akademie bezüglichen Wortes von Eurer Königlichen Majestät gewürdigt. Für den Willen, für die Meynung des Königs hat er – glaubte er wenigstens zu sprechen. Nur der König kann ihn richten!
Eure Königliche Majestät werden auch ihn hören – lesen, was er in dem Schreiben an den Minister zur Abwehr voreiliger Anklagen gesagt. Über jeden Punct der Rede, der auffallen könnte, ist er bereit, jede gewünschte Aufklärung und Antwort zu geben.
Ungehört wird unter Euer Majestät Regierung niemand verdammt. Und warum grade ich? Nein! ich kann es nicht glauben, daß man Eurer Majestät den wieder verdächtigen könne, der im Lichte Ihres Throns die lange Beargwohnung unter der vorigen Regierung zu vergessen hoffte.
Ich bin jetzt über 25 Jahr in Bayern. So viel reicht überall und unter allen Umständen hin, nationalisirt zu werden. Ich darf zu dem König von Bayern als ein Bayer sprechen. Dies (wenn auch nicht das Amt) gab mir ein Recht zu den weitern Äußerungen in dem Schreiben an den Minister. Mögen Eure Königliche Majestät sie lesen. Nur Eure Majestät (ich wiederhole es) kann die tiefe Wunde wieder heilen, unsern Namen von der Schmach, die ihm zugezogen worden, reinigen.
Indeß Eure Königliche Majestät unter den Herrlichkeiten Rom’s wandeln, Ihren Geist einmal wieder im tiefsten zu erquicken, müssen Ihnen von München so unangenehme Dinge zukommen. Das schmerzt tief jeden für Eure Majestät treu empfindenden. Möge meine Rede nichts zu jenen Gefühlen hinzufügen; möge sie Eurer Königlichen Majestät vielmehr ein Zeichen der unerschütterlich aufrecht stehenden Gesinnung so mancher braven Männer seyn, auf welche Eure Majestät bauen können.
Möge der Geist, der in König Ludwig’s Gedichten weht und den poetischen Himmel Deutschlands auf einmal, wunderbarer, ungeahndeter Weise, wahrhaft entzückend, verklärt und erheitert hat; möge derselbe Geist ebenso in andern Regionen den Himmel reinigen, Freude wiederherstellen, Zuversicht verbreiten!
Gott erhalte und schütze Eure Majestät!
Ich verharre mit den Gesinnungen der allertiefesten Ehrfurcht und der treuesten Anhänglichkeit
Eurer Königlichen Majestät
allerunterthänigst-treu-gehorsamster
Schelling
München den .