Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

gegenw˖[ärtig] bey Madame Gotter geb. Stieler

in

Gotha.

fr˖[ey] Gr[än]z˖[e]

No. 7.

No. 5.

Du fragst, liebes Herz, ob mich das Wasser schon bedeutend erleichtert habe? Ich weiß nicht recht, was ich darauf sagen soll, da ich mich so wohl befinde, als ob das Wasser gar nicht wirkte. Ob nun dieses – besonders der gute Humor – ihm doch zuzuschreiben weiß ich nicht. Genug, ich bin über die Wirkung des Wasssers dießmal noch nicht völlig im Klaren. Vielleicht auch weil ich es sehr mäßig – zu mäßig – gebraucht. Prof. Franken aus Dresden, von dem ich Dir schon neulich schrieb, ist der Meynung, die ich längst in der Stille auch hegte, daß alles Übel doch nur vom Unterleib komme, und nicht nur die Halsübel, sondern auch die Brustkrankheit des vergangnen dort hergerührt habe und eigentlich eine Unterleibskrankheit gewesen sey. Dieß stimmt so mit meinen eignen Überzeugungen und allen Selbstbeobachtungen überein daß ich es ganz für Wahrheit halte, zumal ich auch den Schmerz in der Seite durchaus nicht als von der Pleura (Brustfell), sondern von einem Eingeweide herrührend denken muß. Er meynt, ich könne was tüchtiges von dem Wasser vertragen und nur ein stärkerer Gebrauch könne mir helfen. Ich habe mich daher entschlossen, die bisherigen 3 Wochen nur für Eine, als Vor-Cur, zu rechnen, und deßhalb noch 3 Wochen länger hier zu bleiben, wenn sich inzwischen nichts ändert. Demnach könntest Du füglich bis zum in G˖[otha] bleiben, und erst am oder würden wir wieder zusammentreffen. So wird auch die Reise nach Prag unterbleiben. Zu weiterer Verbesserung der Cur werde ich wahrscheinlich auch noch ausziehen, da die Wohnung so kühl ist, daß ich gleichsam beständig auf der Hut seyn muß, und Erkältung mehr zu fürchten habe, als Leiden der Brust, die bis jetzt auch nicht von ferne sich gezeigt, was doch wohl bey dem starken Blutverlust seyn müßte, wäre die Krankheit eine eigentliche Brustkrankheit gewesen. – So viel von mir.

Die Tante habe ich einige Tage nicht gesehen, weil die Morgen so kühl waren (einmal zeigte das Thermometer um 4 Uhr nur 40 über 0) daß ich vorzog, meinen Neubrunnen zu Hause zu trinken. Ich werde sie nun aber heute besuchen und gewiß noch manches angenehme von Dir und den Kindern hören.

Meine Hauptangelegenheit in Bezug auf Dich ist, daß Du doch diese schönen Tage bey den Deinigen recht genießest und sie Dir durch nichts verkümmerst. Sey recht fröhlich, liebes Herz, und thue Dir selbst, mit andern, alles Liebe und Gute, Du hast es redlich verdient, denn Du hast viel ausgestanden und durchgemacht, das hoffentlich nicht wieder kommen soll.

Daß die Kinder gefallen, macht mir großes Vergnügen. Daß Paul die Bewunderung seiner Geistesgaben nicht inne wird, brauche ich nicht zu ermahnen. Daß man Klärchen für das schönste und mir ähnlichste der Kinder findet, ist eine wunderliche Zusammenstellung, mit der ich indeß zufrieden seyn kann.

Leb’ nun wohl, liebes Herz. Das Wasser muß wohl gut auf mich wirken, da ich es ohne Dich und die Kinder so lang’ auszuhalten hoffe. Schon freute ich mich, in etwa 8 Tagen wieder mit euch zu seyn, und siehe aus den 8 T˖[agen] sind 3 Wochen geworden. Wenn es indeß mir hilft so ist alles gut. Ich bin aber voll der besten Hoffnung und eines unbedingten Vertrauens auf die Vorsehung.

Gott mit Dir und Deinen lieben Kindern, die ich herzlichst grüße! Es ist sehr lieb von den Deinigen, daß Sie mich auch nach Gotha wünschen, ich könnte mich selbst hinwünschen um Zeuge zu seyn von Deiner und der Deinigen Freude, aber es kann nun Einmal nicht seyn. Sollte ich aber etwa die Kur doch abkürzen, so bliebe ja immer möglich daß ich Dich abholte. Adjeu, Du liebste, beste Seele!
Dein
tr˖[euer]

Fr. Shg

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