Sr. Hochwohlgebohren
Herrn Director von Schelling
in Erlangen
gantz frei.
Liebster Bruder!
Schon mehrere Tage hatte ich mir vorgenommen, Dir zu schreiben, bin aber immer wieder durch Geschäfte abgehalten worden. Auch hoffte ich immer, wenigstens einige Zeilen von Dir zu erhalten, bis jezt aber vergebens. Wenn ich nur wüßte, daß dieses Stillschweigen von Deiner Seite nichts zu bedeuten hätte, so wollte ich gerne mich darüber beruhigen! Wir sind gottlob alle wohl und gesund, und insbesondere ist Klärchen, welche bei dem gegenwärtigen guten Wetter alle Tage 2mal in die frische Luft kommt, gantz munter und wohl. Sie weißt immer noch von Erlangen gar viel zu erzählen, und legt auch dadurch ihr gutes Gedächtniß an Tag. Fritze’s Verslein vom Kapuciner hat sie auch gelernt, und sagt es auch so ziemlich auf seine Manier. Ich habe auch mit Leibmed˖[icus] Jäger über die Umstände Deiner Frau gesprochen; er hat mir auch einen Fall erzählt, wo ein Übel dieser Art sich von selbst verlohren hat, indem sich die Flüßigkeit wahrscheinlich durch die linke Fallopiann eingesaugt, in den uterus ergoßen, und dann abgegangen ist. Er meinte auch, ob das Übel nicht bloß im Zwellgewebe des Peritonäums seinen Sitz haben möchte, und meinte, daß in diesem Fall ein Äzmittel an irgend einer Stelle des Unterleibs angebracht werden sollte. Ich kann hiefür nicht gerade stimmen, doch könntest Du ja mit Fleischmann und Schreger darüber reden.
Den Cotta habe ich besucht, und ihm ausgerichtet, was Du mir aufgetragen hast. Den Georgii wollte ich auch besuchen, habe ihn aber nicht angetroffen. Seine Frau sagte mir, er habe schon mehrere Tage im Sinn gehabt, mich zu besuchen, und sich zu erkundigen, wie es Dir gehe, auch ließ er mir dieser Tage durch den Prälat Abel sagen, daß er mich nächstens besuchen werde. Er ist sehr darüber gebeugt, daß sein Neveu, der Sohn des Spec˖[ialsuperintendenten] Rieger, der kürzlich Pfarrer geworden ist, und sich geheurathet hat, wieder in seinen alten Zustand gerathen ist, der
Leb recht wohl und gesund, und gieb uns doch nur auch mit einigen Linien von Deinem und Deiner lieben Frau Befinden Nachricht.
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Karl.
St˖[uttgart] den .