Schelling

Schelling Nachlass-Edition


S. W[o]h[l]g[e]b˖[oren] dem

Herrn Professor von Schelling

in Erlangen.

Verehrter,

Es ist freilich nur stolze Anmaassung, wenn ich Ihnen ein Buch zum Geschenk mache. Ich denke so zu bewirken, dass Sie ein Werk lesen, welches anzusehen Sie sonst vielleicht weder Zeit noch Lust habe würden. Denn der Herausgeber desselben ist nichts, als studiosus Tübingensis und hört noch fleissig den Eschenmayer, der sich in eine angenehmmystische Wolke einhüllt, auch Geistererscheinungsgeschichten erzählt und gleichwol ein klarer Lehrer zu seyn versteht, und Bilder benuzt, von denen man zu glauben gereizt wird, sie seyen mehr, als blosse Bilder. Mein Loos ist merkwürdig. hörte ich noch den Platner, den sogenannten Skeptiker: er war kein Kant und war doch ein Verehrer Kants und ein Bestreiter desselben zugleich und oft kühn genug, den Kant zu meistern. Auf Sie schien er mit Hohn herabzusehen: er mögte Sie wol aber nicht eben fleissig gelesen haben. höre ich Eschenmayer’n, den sogenannten Mystiker: er ist kein Schelling und hat doch, wie Platner zu seiner Zeit auf Kant, bei seiner Ansichtbildung vorzüglich auf Sie geschaut, will aber, wie Platner kein Kantianer, auch kein Naturfilosof seyn, und besonders in seinen Religionsansichten, in Betreff des Absoluten und in einigem Psychologischen über Schelling hinaus seyn.

So muss es gehen. So ging’s immer. Die -aner sind unvermeidlich. Unter selbstaufsichstehenwollenden erblickt aber gewis der wahrhafte Wissenschaftgenius immer belustigende Gestaltchen, die ihn bekämpfen, verkleinern – und ihn am Ende nicht fassen. Der Wissenschaftgenius ist Lehrer von vielen tausend Lehrern und kann gewöhnlich nicht auch schon zugleich ein Katechismusschreiber für das Volk seyn. Diese Verarbeiter sind der Masse von Kathedern, Kanzeln, Bühnen und Museien vorbehalten. Über Einen Kant schreiben Tausende; Einem Goethe (das ist nun erbärmlicher) dichtern und dichteln Hunderte nach.

Sie werden wol, mein Verehrter, nicht blos dieses Winterhalbjahr in Erlangen lehren. Ich hoffe noch zu Ihren Füssen zu sizen. Wollen Sie mich nicht mit einer Zeile erfreuen, worin – woraus ich den Buchempfang schliessen könnte? Ihr Name scheint gerade am übelsten von Mystikos im Buch angebracht zu seyn, auch dürfte M. memoriter citirt haben.

Der Gottheit Huld erhalte Sie und segne Ihren Gang! Ich bleibe stets voll tiefer Hochachtung und Bewunderung
Ihr
Sie innig verehrender aber geistesarmer Schüler

Karlmüglich, aus der Lausitz,
geb. .