Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Seiner Hochwohlgeboren

Dem Herrn Director von Schelling

in

München

Angekommen in der vormals heimathlichen Stadt achte ich es für eine der angenehmsten Pflichten, Ihnen, verehrtester theuerster Freund, ein Zeichen meines Lebens und meiner Liebe zu geben, wenn auch nur durch wenige flüchtige Zeilen.

Ich sage Ihnen nichts über unsere Reise. Sie wurde glücklich vollbracht, einen kleinen Unfall abgerechnet, der meine Ida in Stuttgardt betroffen und mich bestimmte Ihren verehrten Herrn Bruder um seine ärztliche Beihülfe anzusprechen. Die Sache war, dem Himmel sey Dank, von keiner Bedeutung und so konnten wir, nach wenigen Stunden Aufenthalt, weiter ziehen. Von München bis Heidelberg begünstigte uns der heiterste Himmel. Wir fuhren unter Blüthenbäume, über Blüthenschnee. Überall die herrlichste Vorboten eines segenvollen Jahres. In H˖[eidelberg] verweilten wir drei Tage, um nach dem wohnlichen Raume zu forschen. Für’s erste habe ich mich eingemiethet, bin jedoch gesonnen, falls ich in H˖[eidelberg] bleibe, mich noch diesen anzukaufen, wozu sich eine sehr erwünschte Gelegenheit bietet. Staunen Sie nicht über jene Aeußerung und zürnen Sie Ihrem Freunde nicht, wenn er es wagt, in einer oft besprochnen Sache Ihren Rath sich noch einmal zu erbitten. Ich habe nämlich hier, poste restante, einen offiziellen Antrag aus Berlin gefunden im Namen des Pr˖[eussischen] Ministeriums wegen B[onn]. Man bietet, im Vertrauen gesagt, 3600 fl. baar und freie Wohnung. Was soll ich machen? – Um Zeit zu gewinnen, habe ich einstweilen geschrieben, nichts zusagend, nichts ablehnend; ich habe noch einige Bedingungen hinzugefügt, als: daß das Gehalt nicht auf die Kasse der Universität B˖[erlin] gesichert werde, sondern auf die Pr˖[eussische] Staatskasse (Sie ahnen den Grund der Klausel), dann Wittwengehalt für meine Frau u.s.w. Ich habe frei gestanden, daß ich H˖[eidelberg] sehr ungern verließe, daß ich nicht einsähe, wie dieß bis zu schon geschehen könne, ohne mich zu kompromittiren, u.s.w. Aber ich habe nicht nein gesagt, um ### in Heidelberg eine Nachschrift zu erhalten, was unter diesen Umständen nicht unbillig erachtet werden wird. – Es wäre mir äußerst erwünscht, wollten Sie mich mit einigen Zeilen erfreuen und mir Ihre Ansicht mittheilen. In 10 Tagen bin ich bestimmt zurück in Heidelberg und mit Ende dieses Monates fange ich meine Vorlesungen an.

Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und mit mir Ihrer verehrten Frau Gemahlin aufs herzlichste. Wir beide wünschen sehr bald beruhigende Nachrichten über Ihren beiderseitigen Gesundheitszustand zu erhalten. Auch über die würdige Frau von Breier , an deren Trauer alle Tage wir den wärmsten Antheil nehmen, sagen Sie mir gefällig etwas Näheres.

Leben Sie recht wohl und erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, deren Werth ich ewig zu schäzzen weiß.
Mit reinster Verehrung
Ihr
ganz eigener

Leonhard.

An Frau von Breier im Gersdorf’schen Hause die besten Empfehlungen.
A.W. von Schlegel geht nach Berlin. Dieß ist bestimmt.