Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Geh˖[eimer] Hofrath und Director

von Schelling

Wohlgeb˖[oren]

in Erlangen

frey.

Verehrtester Freund,

Nachdem ich Ihnen unterm so bestimmt von meiner Abreise geschrieben habe, finde ich es nöthig, Ihnen zu sagen, daß ich bey dem überaus schlechten Wetter, und durch einige unvorhergesehene Geschäfte, verhindert bin, meine Reise so schnell anzutreten, als ich es sonst gewünscht hätte. Daß ich die Reise machen werde, ist gewiß. Nur kann ich die Zeit nicht genau bestimmen, und ich möchte nicht, daß die beständige Erwartung meiner Ankunft Sie davon abhielte, mir schriftliche Nachrichten zu geben.

Ich wiederhohle Ihnen meine inständigste Bitte, mit Fritz, (der noch immer nichts von unserer Correspondenz weiß,) ein ernsthaftes Wort zu sprechen, um ihn von schlechtem Umgange, schlechter Zeitverwendung, und von Müßiggang abzuhalten. Ich habe ihm heute gedrohet, ganz meine Hand von ihm abzuziehen, wenn er in seinem schlechten Lebenswandel fortfahren wollte. Möchten Sie nicht die große Güte haben, ihm die Folgen davon begreiflich zu machen, und lebhaft vor die Augen zu stellen? Will er nicht studieren, so habe ich nichts dagegen, wenn er sich nur zu etwas Anderm bestimmt, das er aber dann mit Sitte, Fleiß und Eifer ergreifen muß. Im Grunde habe ich ihm schon hier die Wahl frey gestellt; er blieb aber dabey, Jura zu studieren. Es kömmt also nur darauf an, seine Ideen zu berichtigen, und ihn mit dem bekannt zu machen, was dieses Studium erfordert. –

Auf jeden Fall hoffe ich, meinen Reiseplan bald ausführen zu können. Lieb wäre es mir aber, wenn Sie in der Zwischenzeit schon ein tüchtiges Subject fänden, das sich zu dem Geschäfte eignete, wovon Sie mir in Ihrem letzten Briefe die Idee an die Hand zu geben die Güte hatten.

Von ganzem Herzen
Ihr

Kerstorf