Rotenburg den .
Verehrtester Freund!
Recht lange habe ich Ihnen nicht geschrieben. Die Ursache, ich wollte Ihnen meine Nachrichten über die Aussage der Somnamabüle hinsichtlich des Zustandes ihrer liebenswürdigen Frau Gemahlin mittheilen. Endlich heute habe ich einige erhalten; und theile selbe Ihnen hier wörtlich mit. Diese sagte: der Zustand der Frau von Sch˖[elling] rühre von einer Blutansammlung her, eröffnende, gelind abführende Mittel würden ihr gut bekommen; übrigens habe der dicke Leib nichts zu sagen, er werde sich nach und nach wieder verlieren, nun sey es nöthig, daß sie eine flanellene Leibbinde trage, wie man sie Schwangern mit einem Hängbande oder Wassersüchtigen tragen lasse. Diese Banden müßten mit über den Achseln laufenden Tragbänden versehen seyn. Durch fortgesetztes Magnetisiren könne das Uebel aus dem Grunde gehoben werden, ihrem Manne (das sind Sie, mein Gnädiger, von dem noch etwas nachkommt) der dazu allerdings geschickt sey, fehle es an gehöriger Festigkeit des Glaubens an die Sache, ohne welchen die Würckung nicht kräftig genug sey; er habe immer geheime Zweifel! Die Tragbinde müsse hinten so fest geschnallt seyn, als sie es ohne Beschwerde vertragen könne. Der Arzt, welcher diese Somnambüle behandelt, ist der LandgerichtsArzt Dr. Ohlhaut in Schweinfurth, einer jener Schüler, welcher mit mir bey Ihnen Collegien hörte, und welcher Sie herzlich grüßt. Derselbe glaubt, die Anschauung seiner Somnambüle sey noch nicht hell genug. Er wünscht, daß die gnädige Frau ein Stückchen Flanell auf der Herzgrube einige Zeit (1-2 Tage reichen mehr als vollkommen hin,) welches dann in Seide einzunähen, und ihm zu übersenden sey. Dieses würde einen unmittelbaren Rapport herstellen, ich wünsche dies selbst, da ich hoffe, die gnädige Frau werde dadurch hergestellt werden. Ich wünsche nun noch überdies, daß Sie den Flanell, welcher sogleich als er aus der Herzgrube genommen wird, in Seide eingenäht werden muß, unmittelbar unter Bezug auf meinen Brief an Dr. Ohlhaut sendeten, und daß das Stückchen Flanell in keine andere als Ihrer Frau Hände kommt, weshalb dieselbe es selbst in den Brief einzulegen hätte. Dies alles scheint mir nöthig, um den Rapport so rein als möglich herzustellen. Die Ursache, warum ich nicht wünsche, daß der Brief durch mich gehe, liegt in der Aussage der Somnambüle. Der Rapport zwischen ihr und der gnädigen Frau besteht dermalen blos durch mich. Nun habe ich mich zwar in meinem Briefe jeder Meinung strengstens enthalten (nämlich im Anfragebriefe) allein als ich unbemerckt mit der gnädigen Frau mich in Rapport setzte, dachte ich der Sache aufmercksam nach, und bildete mir die Ansicht der Sache, daß Blutanhäufung vorhanden sey, und daß nur durch Magnetismus gründlich geholfen werden könne. Da nun die Aussage der Somnambüle so genau mit meiner Ansicht übereinstimmt und Ohlhaut sagt, er wünsche noch hellere Ansicht der Somnambüle, so bin ich selbst etwas schüchtern, daß meine Ansicht, womit ich natürlich beym Schreiben des Briefs erfüllt war, einigermassen auf die Anschauung der Somnambüle Einfluss gehabt habe. Nun haben Sie meine Ansicht, und ich überlasse Ihnen, welchen Gebrauch Sie davon machen wollen. Wollen Sei sich mit Ohlhaut in Correspondenz setzen, so lassen Sie seinen in Erlang studirenden Sohn rufen, und geben Sie diesem die Briefe. Auf allen Fall würde ich den Rath wegen der eröffnenden und gelende abführenden Mittel, dann der Leibbande genau befolgen.
Tantum de hoc. – die Bulle gegen die Carbonari erhalten Sie hier in Abschrift. – Von dem Congresse befürchte ich viel, mehr als anfänglich, obschon ich noch die Hoffnung hege, daß die Verschiedenheit der Ansichten die Herrn nicht einig werden läßt. Franckreich wünscht den Krieg gegen Spanien, das ist offenbar. Für die Aufrechthaltung des monarchischen Princips geschieht manches, und man kommt vielleicht darin überein, Erleichterungen eintretten zu lassen, damit die Völcker durch das pecuniaire Interesse zufrieden gestellt, manches andere nicht so genau nehmen. Die heilige Alianz wanckt, und muß nach allen menschlichen Ansichten bald fallen, wenn sich die Herrn auch diesmal noch einigen.
Im Innern geschieht bey uns nichts, bis der Congress beendet ist, dann werden die Arbeiten erst beginnen; auch das beweißt mir, daß der Congress von Einfluß seyn wird. Bald wird der Vorhang fallen.
Noch immer zehre ich an dem Vergnügen, welches mir Ihr Hierseyn machte; und Sie sind für meine Frau und mich noch oft ein Gegenstand der vergnügten Unterhaltung. Hätte es doch Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin auch so bey uns gefallen! Wir würden dann gewiß bey jeder Gelegenheit das Vergnügen Ihres Besuches genießen. Daß Sie uns nicht im Mindesten genirten, davon haben Sie sich überzeugt. Also rechne ich recht bald wieder auf das Vergnügen Ihres Besuches.
Meine Frau hat mir aufgetragen Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin alles Schöne von ihr zu sagen, und auch in ihren Namen obige Einladung zu wiederhohlen. Daß ich bald von Ihnen das Besserbefinden der gnädigen Frau erfahre hoffe ich; daß Sie mir ihre Gewogenheit ferner schencken, ist mein hochster Wunsch.
Ganz der Ihrige
Häcker