An
den königlich baierischen Herrn
Direktor Ritter von Schelling
Hochwohlgeboren
in
frey
Rotenburg den .
Ich habe Ihnen, Verehrtester, aus keinem andern Grunde so lange nicht geantwortet, als weil ich mit Zuversicht darauf rechnete, Sie auf bey mir zu sehen. Eine solche kleine Excursion hätten Sie sich wohl erlauben können, und sie wäre Ihrer Gesundheit wohl föderlich geweßen. Was zu erwarten stehe fragen Sie mich. Ich glaube, wir können unsere Hoffnungen nicht genug herunterstimmen, denn alles wird, wie es scheint verkehrt begonnen. Gesetze werden entworfen und vorbereitet, und noch fehlt es daran mit den Kammern sich über die Grundsätze geeiniget, welche der Gesetzgebung zu Grunde liegen sollen. Eine GerichtsOrdnung wird berathen, welche zu einer Zeit geschrieben wurde, wo man an Oeffentlichkeit des Verfahrens noch nicht dachte, und dem alten Rocke soll der neue Fleck der Oeffentlichkeit aufgeheftet werden. Die Justiz und Polizey soll getrennt werden, allein man übersieht, daß es eine gerichtliche Polizey giebt, und stellt den Begriff von Justiz nicht erst fest. Die Landräthe werden eingeführt allein mit enormen Bes[ch]ränckungen. Die Verhältnisse der Juden will man reguliren, allein wie wird dies unter den bekannten Einflüssen gescheen? Ein neues Steuersystem steht zu erwarten nach
Für Verbesserungen des Schulweßens sind viele Schreibereyen veranlaßt, allein ich bin gewohnt zu erfahren, daß, wo viel geschrieben wird, wenig geschieht. Auch der Oeffentlichkeit der Verhandlungen drohen Gefahren, größer als je man hat Lust,
Meine Person anlangend, so erfreute ich mich bisher einer guten Gesundheit, ob sie aushalten wird bis zum Landtage, und den Arbeiten desselben
Es nahen nun die Pfingstferien. Entweder Sie machen eine Badereise oder nicht. Im ersten Falle lade ich Sie zur Nachkur, im 2ten auf die Ferien zum Besuche. Sie wisssen, wie viel Sie mir sind, und welchen hohen Werth ich auf Ihre Gewogenheit und Freundschaft lege, und deshalb hoffe ich, daß Sie eine Erhohlung sich gerne bey mir gönnen.
Ihrer Frau Gemahlin küsse ich die Hand, und empfehle Ihnen meine Frau zum freundlichen Andencken. Nur mit 2 Worten bitte ich mir zu sagen, ob Sie meiner Einladung Folge geben wollen; Sie würden dadurch unendlich erfreuen
Ihren
ergebensten Freund
Häcker