Rotenburg den .
Wenn ich Ihnen, Verehrtester, sage, daß mich Ihr gütiges Schreiben unendlich erfreute, so liegt darin doch ein kleiner Vorwurf, daß Sie mir, von dem Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze, und wie innig ich Sie liebe, so lange über Ihre volle Wiedergeneßung keine Nachricht gaben. Doch Ihre Stunden sind gemessen, und ich bin glücklich, daß ich Sie wohl weis und vergewißert bin Ihrer gütigen Erinnerung. Sie entschädigten mich auch für die bestandene Unruhe reichlich. Die mir geöffnete Aussicht auf einen unvermutheten Besuch war mir angenehmer als alles, was Sie mir hätten sagen können; und da ich weis, daß Sie mit ihren Verheißungen nicht verschwenderisch sind, so rechne ich nun von Tag zu Tag auf einen Besuch von Ihnen, und Ihrer Familie, wenn sie die Reiße mit Ihnen macht. Meine Familie werden Sie vermehrt antreffen. Am beglückte mich meine Frau mit einem gesunden starcken Jungen voll Lebenskraft; sein Gedeihen und der Mutter Wohlseyn macht mir sehr viele Freude. Ueberzeugt bin ich, daß Sie sich in unserm kleinen häußlichen Kreise gewiß zufrieden finden werden, und das Angenehme der Gegend und die Liebe Ihrer Wirthe wird zur Stärckung Ihrer Gesundheit das Geeignete beytragen. – Eine andere frohe Nachricht gaben Sie mir durch Ihre Erklerung, daß Sie mit von Z˖[entners] Bemühungen in W˖[ien] zufrieden sind. Spätere Nachrichten aus München wollen dessen Betragen gar nicht loben, und sagen, er habe sich induciren lassen, die Suprematie Oestreichs über den deutschen Bund anzuerkennen. Dadurch wäre freylich die Sache des deutschen Vaterlands verrathen und verloren, und wenn dieses genehmiget würde, so hätte sich Baiern selbst von der Stufe herabgezogen, auf welche es sich mit unendlicher Anstrengung gehoben hat, und mit der moralischen Kraft würde die physische verschwinden. Ferner sagt man, Baiern sey als europaische Macht anerkannt. Allein nur ein stumpfsinniger ganz aufgeblaßener Mensch kann die gestellte Falle übersehen. Baiern allein ist und wird nie eine europaische Macht, nur in Verbindung mit den andern deutschen Fürsten wird Deutschland eine Macht, und wenn sich alle enger anschließen, und jeder Deutschlands wahres Wohl im Auge hat, wird Deutschland und jedes einzelne Land so viel Selbststandigkeit erhalten, daß es aufhört der Spielball der Diplomatie angränzender Kabinette, und der Tummelplatz der Leidenschaft und Intrigen zu seyn. Dazu gehört aber, daß Baiern nicht größer und nicht mehr seyn will, als es ist; daß es zufrieden ist, sich an die Spitze dieses Fürsten und StaatenVereins zu stellen, und jeden andern mit deutscher Treue seyn läßt, was er ist. Man sucht, wie ich hore Z˖[entners] Fehler gut zu machen und nicht zu genehmigen, besonders da Würtemberg mit wahrer Energie die Ratification verweigert; und der Verein deutscher Staaten mit Ausschluß von Oestreich und Preußen, für einen Handelsstaat scheint ein gutes Vorzeichen. Allein die Ultras wiederstreben mit großer Macht; besonders freut sich einer, dessen Fehler Z˖[entner] verbessern sollte, sehr dieses gemachten Fehlschrittes, und so heißt es: er soll seiner Sache mehr als der Sache des Vaterlandes dienen. – Ueberhaupt unterliegt die gute Sache so vielen Gefahren, daß der stärckste Glaube erfodert wird, um an ihrem Bestande zu glauben. – Welche Aufmercksamkeit und Theilnahme die spanische Revolution in unserer Gegend erregt, kann ich Ihnen nicht sagen, man sieht diese innigst verwebt mit unserer eigenen Sache an, und glaubt, daß derley Lehren kaum fruchtlos verfallen könnten. Ich sehe einer stürmischen Sitzung bey uns entgegen, wenn nicht Zeichen und Wunder gescheen, und die Herrn »von« andere Grundsatze adoptiren. – Sie schreiben mir mit vieler Umständlichkeit um Ihre Weinrechnung; als ob ich schon Sie gebetten hätte um eine Rechnung. Thuen Sie mir doch den Gefallen, und verlieren Sie daruiber kein Wort weiter. Trincken Sie den Wein zur Herstellung Ihrer Gesundheit, und erinnern Sie sich zuweilen gütig meiner dabey; ist er am Ende, dann schreiben Sie mir Ihren Bedarf, und dann verspreche ich Ihnen ordentlich Buch und Rechnung zu halten. Ich werde es für einen Beweis Ihres Wohlwollens halten, wenn Sie daruiber kein Wort weiter verlieren. –
Meine Frau empfiehlt sich Ihrer vortrefflichen Frau Gemahlin und Ihnen, und verbindet Ihre Einladung mit der Meinigen. Wählen Sie selbst die Zeit, wann es auch sey, empfangt Sie die Freundschaft und Liebe
Ihres aufrichtigen Verehrers
Häcker