Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Da kömmt nun schon » das liebliche Fest« wieder ins Land, und es waren , daß wir zuletzt von Ihnen hörten, wohl ist es also Zeit, bester Schelling, Sie ganz leise zu erinnern, wie herzlich wir uns nach einen Wort von Ihnen sehnen. Das Andenken des werthen Freundes ist uns zwar immer gleich nah, gleich gegenwärtig, und doch scheint es, als empfänden wir eine Leere, wenn wir lange nicht wissen, wie es Ihnen ergeht? wie Sie leben? Der köstliche hat seinen erquickenden Einfluß gewiß auch an Ihnen bewießen? und wem sollte er auch das Herz nicht erweitern? Wir haben aber auch einen , wie ich mich nicht entsinne ihn je erlebt zu haben, es singt und blüht und duftet um uns herum ganz unschätzbar, ein wahrer Frühlingsgarten wo man hintritt, ich möchte mir immer tausend Augen Ohren und Nasen wünschen um Alles und Alles so recht zu genießen. Bald soll es noch beßer werden im Anfang des gehe ich aufs Land, und wende der Stadt gänzlich den Rücken und sie soll mich gewiß nicht wieder sehn, so lange noch ein Vögelchen in der Luft singt. Wie wird es denn mit Ihnen, bester Schelling? Gedenken Sie den ganzen in München zu bleiben, oder haben Sie irgend eine kleine Reise vor? – Ich wüßte wohl was am Schönsten und uns am Liebsten wäre – Sie kämen nach Thüringen zu ihren Freunden und verlebten den Sommer mit uns, dann sollte mich auch nichts mehr in Drackendorf halten. Es wäre wohl gar schön, und wenn auch ein schmerzliches, doch auch ein süßes Wiedersehn, die Tage sollten uns vergehn in Andenken unsrer Caroline. Wie würden wir uns alle freuen! ich kann mir nichts lieberes denken als Sie wieder zu sehn, viel recht viel durch Sie, von der Lieben zu hören die schlummert. Es bleibt immer ein freundliches Luftschloß, woran ich gerne baue, wenn ich mir gleich selbst oft sagen muß, daß es wohl nie zur Ausführung kömmt.

Der liebe alte Herr ist nun bereits wieder in seinen Böhmerwald, bey der Nymphe des Quels, nach der er sich sehr gesehnt hat und wenn Frau von Stael neulich an unsren Herzog schreiben konnte : »j’ai soif de la mer«, so kann man wohl auch von ihm sagen: il a eu soif du Sprudel. Bey dem heitern Wetter lebt er gewiß recht vergnüglich und durchstreift die schönen Fichtenthäler die in jenen Gegenden wahrhaft grandios zu nennen sind. Zum Abschied habe ich von Jena aus noch ein kleines Briefchen erhalten, was mir werth ist. Den ganzen über war seine gewöhnliche Hausgesellschaft noch durch einen Künstler Rabe vermehrt, der ihm und seine Familie in Miniatur gemahlt, meist zum sprechen ähnlich, an der Spitze der frappanten Ähnlichkeit steht die Fulpiade. Goethe hat mit Hülfe dieses wirklich braven Künstlers viel von seinen italianischen Kunstsachen geordnet.

Von Jakobs habe ich Ihnen viel herzliche Grüße zu bringen, er ist nun ganz wieder einheimisch bei uns, aber die Kränklichkeit der armen Frau nimmt täglich zu.

Leben Sie nun wohl, bester Schelling!, die Mutter und Schwestern sagen Ihnen viel freundliches und vereinigen ihre Bitten mit den meinigen, bald wieder ein Wörtchen uns zu senden, die Pausen sind allzu lang in denen wir nichts von Ihnen hören. Nochmals adieu, gedenken Sie unsrer mit so viel Freundschaft, wie wir Ihrer gedenken.

Pauline.