Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Länger will ich es nicht anstehen lassen, Ihnen, gel˖[iebter] Freund, zu schreiben. In Gedanken bin ich viel bey Ihnen gewesen und habe innigen Theil genommen an der Fügung des Himmels, die eine treue, herz- geist- und liebevolle Gattin von Ihrer Seite rief. Trost will und kann ich Ihnen nicht ertheilen; wo er nöthig wäre, faßt er nicht, wo er fassen würde, ist er unnöthig. Sie bedürfen keines. Natur und Offenbarung haben Sie mit der innigen, gegenwärtigen Gewißheit von dem höheren Zustand erfüllt, zu dem der Tod nur Übergang ist, und nach dem, wenn wir ihn lebhaft ergreifen, unsre ganze Seele von Sehnsucht hingezogen ist. Wie oft war es mir schon Trost, nicht wegen der Abgeschiednen sondern wegen meiner selbst, wenn ich den Druck des Lebens innerlich schwer empfunden, jenes alte deutsche Sinngedicht:

Ob Sterben schrecklich ist, so bild’ ich mir doch ein,
Daß seliger nichts ist, als das Gestorbensein.

Auch diese Erfahrungen sind nur ein neues Band zwischen uns.

Wenn ich so glücklich bin, das Werk zu vollenden, an dem ich, freylich unter so manchen Störungen, Verhinderungen und Unterbrechungen, schon so lange arbeite, so hoffe ich auch über Geisterwelt und jenseitiges Leben einiges dem Menschen aufzuschließen, was wenigstens der Wissenschaft zuvor verborgen war.

In diesem Augenblick beschäftige ich mich lebhaft mit der Herausgabe der von mir angekündigten Zeitschrift, und werde ich bald auch Herrn Schrag darüber das Nähere schreiben.

Lassen Sie mich doch wissen, ob und wie bald ich auf Beyträge von Ihnen hoffen dürfte, die ich gar sehr wünsche.

Gott erhalte Sie gesund und froh, und verwandle allen Schmerz, wenn je noch welcher da ist, in die innre wohlthuende Wehmuth.
Ich wollte nichts, als nach dem, was Sie betroffen, einen Augenblick Sie sehen, und Ihnen sagen, was und wie ich mit Ihnen empfinde. Hiezu sind diese Zeilen genug von
Ihrem
treuen Freund

Schelling.