Erlangen .
Liebster Bruder!
Da es seit einigen Tagen entschieden ist, daß ich diesen Erlangen verlasse, so wollte ich nicht säumen, Dir Nachricht davon zu geben. Der König hat mich durch Decret von Villa Colombella d˖[e] d˖[ato] zum General-Conservator der wissenschaftlichen Sammlungen des Staats (ohngefähr was Kielmeyer in Stuttg˖[art] ist, Vorstand der einzelnen Conservatoren der Bibliothek, des Antiquarium, der naturhistorischen Sammlungen etc) mit einem Gesammtgehalt von 4500 fl. ernannt, wozu, inwiefern es den Anschein hat, daß ich auch zum Vorstand der Akademie gewählt werde (dieß jedoch als noch ungewiß bloß unter uns!), noch 500 fl. von dieser Seite kommen würden. Ich habe mich bey dieser ganzen Verhandlung absolut passiv verhalten, und mehr ablehnungsweise als irgend etwas suchend. Nach den Verhältnissen, in welchen ich das Glück hatte, zu dem König schon als Kronprinz zu stehen, hätte es sich wohl gebührt, ihm zu seiner Glück zu wünschen; ich unterließ es absichtlich und habe mich ihm nicht eher genähert, als da er im vorigen nach Nürnberg kam, wo ich aber seine Anträge schon hatte. Da ich hier keine Aussicht hatte, in eine ordentliche Stelle einzurücken oder einen bestimmten Beruf zu erhalten, und ich übrigens, bey dem Punct, zu welchem ich wissenschaftlich gelangt bin, einen sehr natürlichen Drang empfand, auch als Lehrer wieder zu wirken, so konnte höchstens meine Gesundheit im Wege stehen. Diese hat sich indeß seit einem Jahr um vieles verbessert, und das Clima von Erlangen war eben auch nicht ganz vortheilhaft für mich. Gewiß würde ich 100 F˖[uß] über dem Meer mich besser als 1600 F˖[uß] befinden; da ich indeß dazu keine Aussicht habe, so schien mir der Unterschied zwischen 1000 und 1600 nicht so bedeutend. Auch die Rücksicht auf meine Kinder mußte ein Gewicht in die Wagschaale legen. Außerdem hat sich durch die Regierungsverändrung so vieles andre zum Vortheil verändert, so viele schlechte Subjecte sind entfernt, andre hat der Tod weggenommen, daß es fast ganz neue Verhältnisse sind, in die ich eintrete. Aber vor allem war ich es dem König, dessen Absichten, sage man was man wolle, die großherzigsten und edelsten sind, der mir ein von meiner Seite unverdientes, fast rein persönliches Vertrauen schenkte, ich war es der Sache, und zwar grade in dem Verhältniß, in welchem allerdings manches schief und verkehrt zu gehen drohte, schuldig, dem nicht gesuchten, ja nicht gewünschten Rufe mich nicht zu versagen. So wie sich alles ohne mein Zuthun, ja eigentlich gegen meinen Willen gemacht hat, darf ich es als göttliche Fügung ansehen, und kann daher mit vollem Vertraun auf göttliche Hülfe und Schutz der neu eröffneten Laufbahn folgen.
Um Dich ohngefähr in Kenntniß der dortigen, jetzigen Verhältnisse zu setzen, lege ich Dir die zwey letzten Briefe des Vorstandes der Ministerial-Section für Cultus und Wissenschaften bey, der wie es scheint das Königliche Vertrauen im vorzüglichsten Maße genießt; ich muß Dich aber bitten, mir dieselben gleich zurückzuschicken.
Noch habe ich keine weiteren Nachrichten von Nürtingen, bin aber eben darum ohne bange Besorgniß.
In diesem , wie ich aus Deinen früheren Äußerungen schließe, nähert sich Deine liebe Frau dem erwünschten Ziele. Mögen Sie und Du, und mögen wir mit Euch bald durch das ersehnte Ereigniß auf’s Höchste erfreut werden!
Empfiel uns allen vererhrtesten Verwandten auf’s Angelegenste, grüße Clärchen und Beate und lebe recht wohl.
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Fr.