Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

MedicinalRath Dr. Schelling

in

Stuttgardt.

frei bis hin.

Liebster Bruder!

Ich danke Dir herzlichst für die so bald gegebne Nachricht von der glücklichen Ankunft der Kinder, denn ich gestehe, daß nach dem rasch gefaßten Entschluß es uns doch einiger maßen bang zu werden anfing, wie besonders Paul’s etwas zarteres Nervensystem die 2 Nächte ertragen würde, die sie unterwegs zubrachten. Gott sey Dank, daß das Experiment so glücklich abgelaufen und daß sie so frisch und guten Muths gleich wieder nach N˖[ürtingen] abgereist sind, was ich Ihnen zwar empfohlen hatte, aber aus Besorgniß, sie könnten zu angegriffen seyn, wollte ich doch Dich bitten, sie einen Tag in diesem Fall ausruhen zu lassen. Desto besser, daß es nicht nöthig war! Ich weiß, daß Du jederzeit in den Ferien Dich ihrer mit väterlicher Sorgfalt annimmst und sie nicht aus dem Lernen kommen lässest; es ist aber nicht darum, sondern weil sie durch jede Reise ja schon durch die Aussicht auf eine solche sich zerstreuen lassen und ihre Zeit durch die zu oft wiederkehrende Vergnügungen zu sehr coupirt wird, daß ich wünsche und Dich bitte, sie auf nicht kommen zu lassen. Beyde haben sehr nöthig, diesen anhaltend fleißig zu seyn und sich nicht abzuspannen, was so, wie sie sind, auch bey einer kurzen Reise doch stets auf wenigstens eine Woche vor- und eine Woche nachher der Fall ist. Nochmals herzlichen, innigsten Dank für alle Liebe und Güte, die Du und Deine liebe Frau den Kindern erzeigen; möge es Dir an Deinem lieben Töchterchen vergolten werden, über dessen Gedeihen wir die innigste Freude empfinden. Hoffentlich ist Adolf wieder wohl?

Grüße unsre Schwester herzlich und bezeuge unsern Antheil, unter allg˖[emeiner] Empfehlung und herzlichen Grüßen
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]

Fritz