An
Herrn Hofmedicus
Dr. Schelling
in
Fr˖[ey] Gr[än]z[e]˖
Endlich muß ich Dir auch einmal wieder schreiben, liebster Karl. Es war uns wehmütig, dieß an die schönen Tage zu denken, die Du im uns geschenkt hast. Möchtest Du doch, obwohl erfreulicher veranlaßt, im Stande seyn, einmal diesen Besuch zu wiederholen. Daß wir diesen oder nach Stuttg˖[art] kommen, daran ist nach allen möglichen Aspecten nicht zu denken. Ich will durchaus mit den Arbeiten zu Ende seyn, die mich beschäftigen, eh’ ich mich auf solche Art vergnüge. Das einzige Reiseproject, ins Bai˖[rische] Gebirg, unsern vorjährigen Aufenthalt, scheint für diesen auch zu Wasser werden zu sollen. Der heutige heil˖[ige] Medardus hat mir alle Lust vorerst dazu genommen.
Das Übel unsres kleinen Friz muß ich Dir schon undeutlich beschrieben haben. Es war noch keine ausgebildete Hydrocele. Seitdem hat sich durch bloßes Anlegen von gewöhnlichen Binden der Bauchreiz völlig geschlossen ohne daß eine Spur von Wasser zurückgeblieben wäre.
Solltest Du dem Dr. Weyer wegen Marcus noch nicht geschrieben haben, so bitte ich Dich doch sehr es zu thun. Ich habe ihn sehr bedauert, zumal er in der letzten Zeit soviel ausgestanden. Übrigens paßten wir schon lange nicht sonderlich mehr für einander und so gern ich erkenne, daß er mir manchen guten Dienst gethan, so hat er doch auch durch seine Unvorsichtigkeiten und manchen Leichtsinn mir viel geschadet. Er ruhe in Frieden; Schmerz und Leiden mag ihn sehr geläutert haben, er hat als ein kluger Mann alles gethan, sich für ein besseres Leben vorzubereiten.
Eschenmayers Büchlein habe ich noch nicht erhalten. Die Sigwartische Disp˖[utation] hebe mir auf, bis ich sie etwa verlange; wenn die Weltalter heraus sind und ich an seinen Protector in Stuttg˖[art] gehen kann, werde ich all’ dieser Polemik mit Einmal ein Ende machen.
Für Duttenhofer weiß ich hier nichts zu thun und die Wahrheit zu sagen, es wäre mir Leid, wenn er unter das Künstler-Gezücht hieher käme. Er ist gewiß in Stutt˖[gart] weit besser, als er je hier seyn könnte. Eine Stelle weiß ich für ihn nicht; da er aber ein Mann von eignem Vermögen ist, so würde ein Aufenthalt von 1–2 Jahren in München, wobey er als freyer Künstler lebte, ihm in sofern gewiß angenehm seyn, als er an unsrer Gemäldegalerie und übrigen Kunst-Schätzen einen reichen Stoff für seine Kunstbetrachtung und Studien fände. Mir für meine Person wär’ er ein sehr erwünschter Zuwachs zur hiesigen Gesellschaft, aber weder bey der Akademie noch sonst wüßte ich irgend eine Stelle für ihn. Empfiel mich ihm und seiner Frau Gemalin auf’s beste.
Nun, liebstes Herz, bleib ferner wohl und gesund. Beyliegendes gib unsrer guten Mutter, empfiel mich und meine Frau bestens der Deinigen so wie ihrer ganzen verehrten Familie
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Fr.