Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Sr. Wohlgeboren Herrn

Herrn Professor Schelling

in

München

Franco.

Wohlgeborener HochverEhrtester Herr Professor!

Dero VerEhrtes Schreiben vom war mir eine ungemein erfreüliche Erscheinung indem ich daraus ersehe daß Sie meine Bearbeitung des Arnobius durchgesehen und dieser Ihres mir ungemein schäzbaren Beyfalls würdigen. Zugleich fühle ich mich für Ihre gütigen Mittheilungen über die bewußte schwehre Stelle aus Lib˖[er] III die Dii Consentes betreffend zum verbindlichsten Dank verpflichtet besonders für Ihre sehr scharfsinnige und mich ganz befriedigende Conjectur miserationis paratissimae. Denn in Ihrer Abhandlung über die Samothrakischen Gottheiten eingerükte Erklärung dieser Stelle habe ich leider bey der Ausgabe meiner Anmerkung noch nicht benüzen können, da ich diese treffliche Schrift erst im Lauffe des durch die gütige Mittheilung meines Vetters Herrn Professor von Orellj in Chur zu Gesicht bekamm ich habe sie aber benuzt und nach Verdienen gewürdigt in meinem in vorjähriger meße erschienenen Appendix zum Arnobius (ebenfalls bey Vogel in Leipzig gedruckt 4 1/2 Bogen stark) den Sie wie ich aus Ihrem Schreiben schließe noch nicht zu kennen scheinen und welcher viele sehr wichtige Zusäze und Berichtigungen meiner Anmerkungen enthält auch meine Aufschlüße über mehrere schwierige Stellen enthält, die ich vorzüglich dem Pittore di Herculano dem Museo Pio Clementino von Visconti den Artistischen und Mythologischen Schriften des Zoega Winkelman und Creutzer und andern seltenen und kostbaren Werken verdanke, die ich mit vieler Mühe ausgezogen habe, so daß ich hoffe durch diese Zusäze allen billigen noch übrigen Erwartungen entsprochen und geleistet zu haben was mir bey den in meiner Vaterstadt erhältlichen Hülfsmitteln nach meinen schwachen Kräften möglich war. Ich bedaure es recht sehr daß ich kein Exemplar dieses Appendix mehr vorräthig habe um es als geringes Zeichen meiner Hochachtung diesem Briefe beyzulegen werde aber Herrn Vogel in Leipzig die Anweisung geben Insofern derselbe woran ich keines weges zweifle den Appendix besonders verkaufft Ihnen einen auf meine Rechnung zuzusenden sowie auch ein Exemplar meiner auf oder spätestens auf erscheinende Ausgabe der Fragmenta Epicuri de Natura ex Herculano eruta, die zwar an sich sehr uninteressant sind und mehr zu den Raritaeten gehören jedoch wegen der trefflichen und scharfsinnigen Bearbeitung des Bischofs Rosini bekannt zu werden verdienen. Ein viel wichtigres Werk von mir nehmlich die Opuscula Veterum Graecorum Sententiosa enthaltend die Sentenzen des Demophilus Democrates Secundus Sextus und andre Pythagoraeer die Fragmente des Democrit Apophtegmata VII Sapientum, den von Angelo Maji in Mayland neu entdekten Brief des Porphyrius ad Marcellam uxorem, die Sentenzen des Nilus etc. etc. wird bald als Pendant zu Schweighausers Epictet auf bey Weidmann erscheinen.

Ich habe die Ehre mit vollkommenster Hochachtung zu seyn
Eur Wohlgeborner Ergebenster Diener

Conrad von Orellj
Pfarrer an der PredigerKirche und ChorHerr.

NB. Nur meine vielen Fest und andre Amtsgeschäfte die mich alles andre bey Seite zu legen nöthigten, waren die Ursache daß die Antwort auf dero Verehrtes Schreiben so spät erfolgt.