No. 6.
Sontag den .
Mein geliebtester bester Freund! Dein Brief durch den rückgehenden Kutscher hat mich in großes Entzücken versetzt, ich war schon ganz betrübt über den Gedanken nur alle 8 Tage etwas von Dir zu erfahren, nun meint es der Himmel doch gut mit mir und sendet mir schon wieder ein liebes Blatt von Deiner lieben Hand. Wenn Du Dich wohl befindest, Dir nichts abgeht und Deine Arbeit auch von statten geht so will ich mich gern in die Trennung fügen weil ich weiß daß sie zu Deiner künftigen Zufriedenheit führt und kein Opfer soll mir dann zu schwer werden. Nur bitte ich Dich bey unsern Kindern und unsrer Liebe Dich nicht zu sehr anzustrengen, nur mäßig zu arbeiten und jede Aufheiterung zu benutzen die sich in der einsamen Gegend auffinden läßt. Die letzten Tage der Woche waren so rauh daß ich manche Sorge um Dich gehabt, nun läßt der liebe Gott wieder die liebe Sonne scheinen, wie Paulchen heute sagte und ich habe sie mit doppelten Vergnügen begrüßt weil sie Dich Du Geliebter! in Deinen scheuerlichen Thal erquiken wird. Über mich und die Kinder beruhige Dich, wir sind wohl und vergnügt so weit wir es ohne Dich seyn könen. Paul fragt aus freyen Stücken nicht viel nach Dir, wenn ich aber von Dir anfange so wird er sehr freundlich und zärtlich, diesen Morgen in Bett fing er an »Liebe Gott Pappa in Schutz nimm«, ohne daß ich ihm etwas gesagt hatte. Daß er bey der Mama schlafen darf ist eine große Herrlichkeit für ihn und er sagt oft in Schlaf »Palle Papa Mama schläft.« Das gute Kind ist auch recht angenehm bey sich haben, es ist nicht einmal nöthig ihm des Nachts auf zu heben, und ich hoffe wir werden ihn künftig nie mehr von uns lassen. Nun dieses Engelchen neben mir ruht fürchte ich mich auch nicht, die erste Nacht habe ich viel ausgestanden so allein zu seyn. Unser liebliches Fritzle entwickelt sich auch alle Tage mehr, er fängt jetzt an zu stehen, wird so lebhaft, und sein Vollmonds Gesichtchen glänzt den ganzen Tag von Heiterkeit und Liebenswürdigkeit. Die Kinder verlassen mich keinen Augenblick und wenn ich mich ihnen so recht von Herzen erfreue dann umschwebt mich Dein Andenken doppelt liebevoll und zärtlich, und Dein liebes Bild ist mir so nah als wärst Du gegenwärtig, Du lieber guter bester Freund! wenn ich Dir doch ausdrücken könnte wie von ganzer Seele und von ganzem Vermögen ich Dich liebe.
Seit ich Dir am schrieb bin ich gar nicht ausgekommen als einen Augenblick zur Fanny die abermals hat zur Ader lassen müssen. Die ganze Zeit war die Köhler nicht ein einziges mal bey mir wegen ihrer Schwester. Bey Gärtners bin ich Abend eine Stunde gewesen nach dem die Kinder zu Bett waren. Heute haben uns Breyers allerseits einladen lassen. Scherer war hier während meines Besuchs bey W˖[iebeking] und Prin Freytag früh eine Stunde sonst hat mich Niemand besucht und ich weiß Dir auch gar nichts Neues von hier zu schreiben weil ich Niemand gesprochen. Fast hätte ich vergeßen daß Ruhland sich seit wieder eingestellt.
Nun leb’ wohl Du einzig geliebter Freund! Der Friedrich wartet. Über Spix soll in der hallischen Zeitung eine erschrecklich Rezension erschienen seyn wo er als ein völliger Narr gehandelt ist.
Schreibe mir ja so bald als möglich wieder, es ist meine einzige Erquikung. Soll ich Dir bald wieder Wein schicken? –