Schelling

Schelling Nachlass-Edition


H.H.

Herr Dr. Spix sagt mir, daß Sie von der Messe zurück sind. Auf das frühere Schreiben, das Sie mir die Ehre erzeigt haben an mich zu erlassen, konnte ich in so fern nicht antworten, als sich damals über meine nächsten literarischen Arbeiten nichts bestimmen ließ. Da Sie aber den Wunsch geäußert haben, auch mit anderen Gelehrten von meiner Bekanntschaft in Verbindung zu kommen, so benutze ich eine so eben sich anbietende Gelegenheit, Ihnen einen Antrag der Art zu machen.

A.W. Schlegel hat mich ersucht, ihm für 2 Werke einen Verleger in Deutschland zu schaffen. Das erste sind seine poetische Werke, oder eine Sammlung seiner Gedichte, die zwar im dießjährigen O˖[ster]M˖[esse] Katalog bereits von Mohr und Zimmer in Heidelberg als in ihrem Verlag erscheinend angekündigt worden. Allein da diese Herren seitdem Herrn Prof. Schlegel erklärt haben, daß Sie von widrigen Umständen gezwungen mit allen noch nicht angefangnen Unternehmungen auf 1–1 1/2 Jahre innehalten müssen, dieser aber mit der Herausgabe nicht so lange warten will, so ist der Contract zwischen beyden Theilen aufgehoben worden und der V[er]f˖[asser] sucht einen anderen Verleger. Ich bemerke nur, daß die frühere bey Cotta erschienene und schon längere Zeit vergriffene Auflage höchstens 1/3 der neu hinzukommenden Gedichte beträgt, welche in der neuen Auflage erscheinen sollen. Der V[er]f˖[asser] verlangt 100 Carol˖[in] honorar, und eleganten Druck.

Das andre Werk soll den Titel führen: Geschichtliche Forschung über das Lied der Nibelungen und die Alterthümer der deutschen Sprache und Dichtung überhaupt. – Es ist Ihnen nicht unbekannt, welches Interesse seit mehrern Jahren dieß uralte National gedicht fast allgemein erregt hat. Über den Ursprung, die Fortbildung und das gesammte Historische desselben ist nichts von Bedeutung geschrieben, und von den neuesten Bearbeitern in dieser Beziehung so gut wie nichts geleistet worden. Auch ist wohl anzunehmen, daß keiner unsrer Gelehrten in dieser Forschung soviel als A.W. Schlegel zu leisten vermögen würde. Ich halte daher diese Schrift für eine der empfelenswerthesten für jeden Verleger. Der V[er]f˖[asser] verlangt 2 1/2 Carol˖[in] honorar für den Bogen.

Ich selbst gehe in diesem Augenblick schwanger mit dem Entwurf eines neuen Journals, wodurch einmal wieder kräftig auf das ganze Publikum und die gesammte Nationalität unsres Volks gewirkt werden soll. Es wird kein Fach ausschließen, aber in jedem Fach so weit es nur möglich, auf das Rechte, Kräftige und Tüchtige hinwirken. Original- Aufsätze, Beurtheilungen merkwürdiger literar˖[ischer] Erscheinungen, kritische Übersichten dessen, was in den Hauptfächern der Wissenschaft geschieht, werden abwechseln. Im Ganzen wird es ein Journal von der Art des ehemaligen deutschen Museums, oder des zeitherigen deutschen Merkurs seyn, nur mit weit entschiednerer Absicht und kräftigerem Sinn geschrieben. Um ihm den größtmöglichen Gehalt und die allgemeinste Wichtigkeit zu geben, wird alles darauf ankommen, die vorzüglichsten Männer zu Mitarbeitern zu gewinnen. Manche derselben zähle ich unter meine Freunde; diese haben auch die Idee davon mit Freuden ergriffen und alle Thätigkeit zugesagt; andre müssten noch gewonnen werden. Ein Haupterforderniß dazu wäre ein tüchtiges Honorar. – Die Hefte würden zwanglos, doch so viel möglich alle 1–2 Monate eines, erscheinen. Ich würde die Redaktion übernehmen. Da ich meine übrigen Arbeiten, der langen Verbindung wegen, in der ich mit Herrn Cotta stehe, in der Regel seiner Buchhandlung überlasse: so suche ich für dieses Journal aus dem Grunde einen andern Verleger, weil Cotta schon mit Zeitschriften überhäuft ist und daher der einzelnen, wie ich zu bemerken glaube, nicht den Fleiß widmen kann, der zum Betrieb eines Journals schlechterdings erfoderlich ist. Die allgemeine Meynung und besonders die meiner Freunde, Gehlen u.a. läßt mich mit Zuversicht erwarten, daß in Ihren Händen diese Zeitschrift einen ganz vorzüglichen Schwung erhalten könnte. Haben Sie die Güte, sich einstweilen die ganze Unternehmung zu überlegen; denn sie geht allerdings etwas in’s Große.

Ich ersuche Sie, mir wegen der beyden Werke von Schlegel baldmöglichst Antwort zu geben; es sollte mich sehr freuen, wenn Sie dieselben übernähmen.

Wollten Sie sich wegen des Journals, (von dessen Idee ich Sie bitten muß, schlechterdings niemanden etwas mitzutheilen, indem nur die nächsten Freunde bis jetzt davon wissen sollen), im Allgemeinen wenigstens jetzt schon, erklären, so bitte ich dieß auf einem besondern Blatte zu thun. Entscheiden müssten Sie sich auf jeden Fall bis , indem der Anfang spätstens zu gemacht werden soll.

Mit wahrer Hochachtung empfele ich mich,
Dero
ergebenster

Schelling.