Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Das freundschaftliche Andenken, welches Ew. Wohlgebohrn durch Wort und That, bey Übersendung Ihrer Ausgabe des Dionys˖[ii] Halic˖[arnassensis] de compos˖[itione], mir zu zeigen die Güte hatten, war für mich ungemein erfreulich. Sie irren sich gewiß nicht in der Voraussetzung, daß ich seit dem Anfang Ihrer Bekanntschaft an allem Ihrem Thun und Ergehen wahrhaft theilgenommen und immer verharren werde. Ich war so wenig im Stande Ihnen werkthätige Freundschaft zu erweisen, daß Ihre Anerkennung meiner Gesinnung doppelten Werth für mich haben muß. Doppelt erfreulich war mir auch Ihr Geschenk. Zuerst wegen des Autors, den ich längst in besserer Gestalt wiederzulesen wünschte, aus dem ich schon früher Manches gelernt und noch Mehreres jetzt zu lernen hoffe. Sodann als Beweis Ihres gründlichen, von allem Schein entfernten und durch keine Ungunst der Umstände zu hemmenden Strebens. Welches auch Ihre Lage jetzt seyn möge, so wünsche ich nichts mehr, als daß Sie auf diesem Wege immer fortfahren. Außer dem Lohn, den solche Arbeit in sich selbst hat, ist dieß auch gewiß das sicherste Mittel, Sie endlich in diejenigen äußeren Umstände zu führen, die sowohl Ihrem Verdienst als Ihren Studien angemeßner sind als die gegenwärtigen. Daß es mein innigster Wunsch ist, Sie bald in solche versetzt zu sehen brauche ich Ihnen nicht zu versichern.

Nehmen Sie als kleines und unverhältnißmäßiges Gegengeschenk von mir die beygeschlossene Abhandlung an, die in mancher Beziehung, besonders auch wegen des, jedoch ohne meine Schuld so ungemein fehlerhaften Drucks, Ihre Nachsicht in Anspruch nehmen wird.

Erhalten Sie mir auch ferner ein freundschaftliches Andenken und bleiben Sie versichert, daß ich mit der wahrsten Hochachtung bin und bleibe
Ihr
ergebenster

Schelling.