Herrn
Dr. J.G. Cotta
Wohlgeb˖[ohrn]
fr[ey]
Der erste Theil des Aufsatzes ist inzwischen erschienen. Da ich weiß, daß Sie mit dem beurtheilten Verfasser in einigem Verhältniß stehen: so bitte ich Sie ja, im Fall er sich vertheidigen wollte, ihm alle Gelegenheit dazu zu gönnen. Wir sind eben jetzt an der Schwelle großer, unerwarteter Aufschlüsse über die älteste Geschichte der Künste, bloß diese Rücksicht und die gute Meynung, daß jeder dem Rechten hinderlichen Verkehrtheit grade in diesem Fach gleich begegnet werden müsse, konnte mich bestimmen, Ihnen den Aufsatz zu empfehlen, an dem ich sonst keinen Theil habe und der sich übrigens durch sich selbst rechtfertiget. Professor Thiersch ist sonst ein Mann von wirklichem Verdienst, dem indeß dieser Anstoß ebendarum heilsam seyn kann, inwiefern er ihn von dem seit einiger Zeit betretenen phantastischen Weg ab- und auf gründliche Forschungen im Gebiet der Sprache, wo er allein zu Hause ist, zurückbringt.
Sie fragen wegen der Weltalter. Nachdem ich Ihnen so oft deren Erscheinung angekündigt, wollte ich lieber nichts mehr davon erwähnen, bis ich Sie mit den Aushängebogen überraschen könnte. Es geht mir mit diesem Buch, wie den Weinliebhabern mit Weinen; es ist mir durch das lange Liegen endlich so gut geworden, daß ich es gern immer noch besser hätte, indeß muß dieser Zögerung einmal ein Ziel gesetzt werden, zumal ich mit nichts Anderem hervortreten kann, eh’ dieses Fundament gelegt ist. Und so denke ich, es soll gewiß noch im Lauf dieses Jahrs erscheinen.
Auf das Nähere von Vossens Eleusis bin ich begierig. Es scheint, die Äußerungen dieser Schrift werden in mancher Beziehung auch mich berühren. Ich wünschte sehr, Voß bediente sich eines andern als des gehässigen Tons. Was mich betrifft, so glaubt er wohl schwerlich, wie gut ich grade in dieser Sache gerüstet und gewaffnet bin. Ich habe mehr Fleiß und Mühe auf diese Forschungen verwendet, als man mir zutrauen zu wollen scheint; allein es wird sich schon finden.
Ihre Äußerung, daß Sie mich auch wieder zu sehen wünschten, hat mich recht gefreut; ich empfinde den nämlichen Wunsch, den die Sehnsucht nach dem Vaterland und den Meinigen noch erhöht, allein für dieses Jahr muß ich mir die Erfüllung versagen. Es müssen schlechterdings meine Arbeiten vollendet und gedruckt seyn, eh’ ich ein solches Vergnügen mir erlauben und die dazu nöthige Zeit entbehren kann.
Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemahlin, und bleiben Sie mein Freund, wie ich
Der Ihrige für immer
Schelling.
NB.
Die 2 Ex˖[emplare] von Goethe, auf welche ich subscribire, sind weiß Schweizer Schreib-Papier.