Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Als warmem Freunde der Künste glaube ich Ihnen mit Übersendung des Catalogs unserer Kunstausstellung ein kleines Vergnügen zu machen. Wär’ es möglich im Morgenblatt etwas von derselben im Allgemeinen zu erwähnen, des Wetteifers, der dadurch unter den inländischen Künstlern entstanden und dessen Früchte erst bey einer künftigen Ausstellung recht in die Augen fallen werden; der bedeutenden Anzahl von Oelgemälden im historischen und Landschaftsfach, unter welchen letzteren besonders das von J˖[oseph] Koch No. 171. verwundersam herrlich und in der That etwas bis jetzt einziges, nur gleichsam bruchstücklich in den Hintergründen altdeutscher z.B. Dürer’scher Gemälde erschienenes ist, sodann auch auf billige Art des Verdienstes der Akademie zu gedenken, die durch Veranstaltungen dieser Ausstellung der großen Zahl bedeutender einheimischer Künstler eine lang’ entbehrte Anregung gegeben hat: so wäre dieß ein wahres Verdienst um die gute Sache. Es kann seyn, daß Sie von mehreren Seiten her Berichte über diese Ausstellung erhalten. Einestheils werden tadelnde, vielleicht gar herabsetzende Bemerkungen, die wenn man alles unter den höchsten, bey einem ersten Versuch nicht anzulegenden, Maßstab bringen will, gar leicht sind, wohl nicht fehlen: anderntheils werden, vielleicht von der nämlichen Hand, die schon mehrere Kunstnachrichten von hier in’s M˖[orgen]blatt gesendet, vortheilhafte aber einseitig-partheyisch Einzelnes hervorhebende und lobende, aber ebendadurch auf der andern Seite wieder schadende, Notizen und Berichte eingehen. Darf ich mir schmeicheln, bey Ihnen einiges Zutrauen zu genießen, so bitte ich Sie, keinen von all’ diesen auf- und anzunehmen. Die der ersten Art würden suchen, einer an sich höchst löblichen Sache, deren erster Versuch zum Verdruß mancher gemein- und übeldenkenden über alle Erwartung reich und vorzüglich ausgefallen, zu schaden; die der andern Art, die besonders von einem gewissen Baron R˖[umohr], der ein panier percé ist, zu erwarten sind, würden einen ansehnlichen Theil schätzbarer Künstler empören, indem sie andern gefielen. – Ich würde es gewissermaßen für Schuldigkeit halten, selbst einen mit der nöthigen Ein- und Umsicht verfaßten Bericht an Sie zu schicken, wenn nicht das vor einigen Monaten erschienene Geschwäz des Prof. Thiersch über hiesige Verhältnisse, dessen gänzliche Unschicklichkeit Sie in der Ferne allerdings nicht beurteilen konnten, besonders weil es die eben gedämpften Aretin’schen Händel wieder aufregte, und überhaupt als Echo der hier immer mehr nach ihren Absichten und ihrem Verfahren gekannten Jacobischen Partey erschien – wenn sage ich nicht diese, übrigens allgemein gemißbilligte, Radotage einen äußerst strengen Befehl zur Folge gehabt hätte, von dem Sie unstreitig schon gehört haben, und der jeden Staatsdiener mit Entsetzung von seiner Stelle bedroht, wenn er ungeeignete auch rein liter˖[arische] Nachrichten in auswärtige Blätter sendet. Der Bericht, den ich abfassen könnte, würde zwar in diese Klasse der ungeeigneten gewiß nicht gehören; inzwischen nehme ich doch Abstand, im Augenblick und ehe das hiesige Publikum zu einem ruhigen Eindruck gelangt ist, mich öffentlich zu äußern. Weit besser wird dieß gegen das Ende der Kunstaustellung geschehen können, und ich verspreche, Ihnen für diese Zeit etwas Ausführliches, Abgewognes und reif Überlegtes, das ich nicht grade für’s Morgenblatt bestimme, über das ich Ihnen aber völlige Disposition lasse. Sollten Sie inzwischen so lange eine Nachricht von dieser allerdings merkwürdigen Ausstellung nicht verschieben wollen: so glaub ich doch Ihrer eignen Liebe für Kunst, so wie für Wahrheit und Schicklichkeit entgegenzukommen, wenn ich mich erbiete, Ihnen über die etwa eingehenden Nachrichten, Beurtheilungen oder dergl˖[eichen], ein wahrhaftes Wort zu schreiben, ehe Sie den Abdruck verstatten. Es ist unglaublich, Ihnen aber gewiß noch besser als mir bekannt, wie viel in Sachen der Kunst, dieser zartesten aller Erscheinungen, durch unpaßliche, sey’ es verwerfende oder falsch lobende, Bemerkungen geschadet werden kann.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich bald wissen, was Sie in dieser Beziehung wünschen oder gut finden. Mit herzlicher Freundschaft und Hochachtung
Ihr

Schelling.

Verzeihn Sie gütigst Unleserlichkeit und Flüchtigkeit.