München den
Euer Wohlgebohrn
Der Brief vom , mit dem Sie, werthester Freund, mich erfreut haben, hat etwas länger, als gewöhnlich ist, auf dem Wege zugebracht; dieß entschuldige zum Theil wenigstens die in etwas verspätete Antwort!
Zuerst also den Ausdruck meiner herzlichen Freude, daß Sie meiner auf ein bloß gedruckte Schreiben gedenken wollten, und des unbeschreiblichen Genusses, den Sie mir durch Mittheilung des ersten Actes eines von Ihnen übersetzten Calderonschen Schauspiels verschafft haben. Ich freue mich, doch nicht ganz der Letzte zu seyn, der Sie auf dieser neuen Bahn bewillkommt. Sie ist ganz Ihrer würdig und meisterhaft, wie es sich nicht anders erwarten ließ, haben Sie auch mit den unübertrefflichen Schönheiten dieses Dichters gerungen. Erhalte Sie Gott, sammt allen neun Musen, bey dem herrlichen Gedanken, uns nach und nach den ganzen Calderon zu geben, auf den wir von Schlegels Hand bey seinen neuesten Exploits auf dem politischen und kriegerischen Welttheater ohnedieß so leicht nicht hoffen dürfen. Sie, liebster Gries, werden gewiß weder einen Feldzug mitmachen, so viel Ursache Sie auch in der gerechten Erboßung über die Bedränger Deutschlands und Zerstörer Ihrer so werthen Vaterstadt hätten, noch diplomatische Werke verfassen; Sie werden den Musen getreu bleiben.
Daß ich nun gar gewissermaßen zur Hebamme dieser neuen Frucht Ihres Dichtergeistes ersehen worden, könnte mich ganz vergnügt machen, wenn ich nicht fürchtete, diese Ehre wieder einzubüßen, weil ich leider nicht so bald, als Sie höchstbilliger Weise für jenen Fall zu erwarten scheinen, ein neues Heft der Zeitschrift herausgeben kann. Es mag sich damit wohl bis tief in den ja nach Umständen bis zum Anfang von verzögern. Der Gründe sind mancherley; der Hauptgrund aber, daß andre nicht bey Seit zu legende Arbeiten mir für die Zeitschrift vor der Hand nichts zu thun verstatten, und ich doch nicht so ganz und gar, wie bisher, fast bloß auf dem Titel stehen will.
Nun mögen Sie, liebster Freund, selbst entscheiden, ob die Handschrift so lange ungedruckt bey mir liegen soll oder nicht; im letztern Falle sende ich sie auf der Stelle ab; sie gleich diesem Briefe beyzulegen kann ich doch nicht über’s Herz bringen, und immer werde ich sie ungern aus meiner Hand lassen.
Die Unterhandlung mit Schrag übernehme ich aber mit Vergnügen; nur bitte ich mir einige nähere Fingerzeige aus z.B. über die Zeit, wann dieß Schauspiel (oder sollen vielleicht zwey auf einmal erscheinen?) herauskommen soll, in welchem Format, was das Minima des Honorars ist, das Sie Sich bedingen pp
Desto weniger Muth habe ich in eine Unterhandlung mit dem hiesigen Theater zu treten. Ach, lieber Freund, Sie scheinen von der Schlechtigkeit desselben auch nicht einmal eine approximative Vorstellung zu haben. Ich halte unsre Bühne für die beziehungsweise unfähigste in ganz Deutschland. Ich habe verschworen, kein Stück in Jamben mehr zu sehen. Keiner dieser sogenannten Schauspieler versteht eine Schiller’sche Periode und doch ist dieß ächte deutsche Hausmannkost gegen solche Ambrosia. Urtheilen Sie selbst!
Da die Welt jetzt wieder frey oder doch freyer ist, so wollen wir doch nicht ganz aufgeben, uns irgendwo und irgend Einmal wiederzusehen. Es ist so Vieles geschehen, das man kaum hoffen durfte, warum sollte dieses nicht geschehn?
Meine Frauempfiehlt sich Ihnen auf’s Beste; sollten Sie je den Wanderstab in die Gegend setzen, wo wir leben, Sie würden an uns Freunde finden, die sich aufs Herzlichste Ihrer erfreuten.
Wir bitten Sie, uns auch den andern Jenaischen Freunden z.B. Frommanns zu empfehlen.
Ihr
treuergebenster
Schelling.