Schelling

Schelling Nachlass-Edition


A Madame

Madame

Gotter
née Stieler

à

Gotha

Fr˖[ey] Coburg

Liebste Mutter!

Zu rechtem Glück haben wir heute Ihre Briefe erhalten. Sie waren vom und doch 8 Tage unterwegs. Der Grund kann also nur darinn liegen, daß sie nicht zu gehöriger Zeit auf die Post gegeben wurden. Ich bitte Sie nochmals, liebste Mutter, inständig um die möglichste Sorgfalt in Ansehung des Schreibens. Es liegt Ihnen so viel daran als mir daß Pauline in ihrer Gesundheit gefördert werde. Als die Briefe am und ausblieben, wollte sie sich kaum beruhigen lassen. Es ist sehr natürlich nach den vielen traurigen Ereignissen. War ich doch selbst ängstlich! – Wenn es auch nur die 2 Worte sind: Wir sind wohl, so ist es genug! – Sey’n Sie nur nicht böse, liebe Mutter, daß ich in Hinsicht des Schreibens immer nicht zufrieden bin. Gewiß können Sie sich selbst die Lage vorstellen, wenn Sie darüber denken. Es geht uns mit Ihnen grade wie es Ihnen mit uns geht.

Pauline schreitet fort in der Stärkung und Erhohlung. Jetzt fängt sie eine Stahlarzney an. Heute sind wir trotz einer Kälte von 18° unter dem Frierpunkt in der Früh, und 13° um die Mittagsstunde spazieren gefahren; in verschloßnem Wagen mit Gläsern versteht sich. Es bekommt Paulinen gut. Sie ist wenig verändert und wenn ich mich nicht täusche, sieht sie hübscher und gesunder aus. Ich hatte mir fest vorgenommen, heute selber an den Herrn Hofmedikus zu schreiben, und um seinen Rath, den er durch Sie versprochen hat, zu bitten. Es wäre mir eine ungemeine Beruhigung, einige Anweisung von ihm zu erhalten. Bitten Sie indeß nochmals, auch in meinem Namen; am nächsten Posttag, hoffe ich, soll mir mehr Zeit übrig bleiben.

Denken Sie, daß wir gegenwärtig noch excellente Trauben haben. Die gute Mutter, die sich vorstellte, daß P˖[auline] von den ersten Sendungen nichts oder wenig genossen haben würde, hat vor Kurzem noch 2 Schachteln der schönsten und besten geschickt. P˖[auline] ist ganz vergnügt darüber; die Trauben halten sich gut bey der Kälte.

Es ist Zeit zu schließen. Pauline grüßt und küßt die liebe Mutter aufs Zärtlichste. Ebenso die Schwestern. Unsre herzlichsten Wünsche für Ihrer aller fortdauerndes Wohlbefinden!
Ihr
treugeh˖[orsamster] Sohn

S.