Liebster Freund!
Ihr letzter Brief ist mir durch den Courier wohl überliefert worden, da aber Mr. Roland sich nicht weiter bei mir sehen ließ, konnte ich Ihnen nicht durch denselben antworten.
Wegen der Nummer des Morgenblatts, in welcher das Lamento über Sie steht, habe ich nach Stuttgart schreiben müssen, weil ich es hier nicht auftreiben konnte. Noch habe ich es nicht erhalten, werde aber diesen Brief so lange zurück halten, bis ich es beylegen kann. Sollten Sie nach genommener Einsicht nöthig finden etwas darüber öffentlich zu sagen, so erbiete ich meine Dienste, theils es Ihnen zu redigiren, theils die Insertion in ein öffentliches Blatt zu besorgen.
Wegen der äginetischen Köpfe muß ich nun wohl auf meine Vermuthung zurückkehren. Nur glaube ich eben so wenig, daß der Grund dieser Einförmigkeit und der Inferiorität der Köpfe im Vergleich mit den übrigen Theilen in einem gleichsam heiligen Typus zu suchen ist. Der würde die Einförmigkeit der Köpfe mehrerer Statuen erklären, die eine und dieselbe Gottheit, nicht aber die ganz verschiedne Persönlichkeiten darstellen. Es bleibt also wohl nichts Andres übrig, als ein uns unbekannter historischer Umstand, etwa, daß durch die jetzt vorhandenen Statuen ältere Bilder ersetzt werden sollten. Wenn der Tempel auch nicht bis in die Zeiten des Äacus zurückgeht, so ist er doch gewiß sehr alt. In einer älteren Zeit mochte sich die Kunst in solcher Kindheit befinden, daß sie wirklich nur einförmige Köpfe für alle, auch die verschiedensten Figuren zu Stande brachte. Bey’m Austausch der ältern mit neuern Bildern wollte man eine gewisse Porträtähnlichkeit mit den ersteren erhalten, aber die nun schon zu hoher Vollkommenheit gediehene Kunst konnte nicht zu jener Kindheit herabsteigen und sich selbst verläugnen, daher der Contrast der trefflichen Ausführung mit der Monotonie und geringen Schönheit der Formen.
Wenn Sie eine Fortsetzung Ihrer Beschreibung der äginetischen Werke an S˖[eine] K˖[önigliche] H˖[oheit] senden, so vergessen Sie mich dabei nicht, nämlich, suchen Sie einzuleiten, daß ich auch die Fortsetzung zu lesen bekomme.
Friz Gärtner hat mir eine Zeichnung von dem Monumente geschickt, wozu ich bey Thorwaldsen auf Anordnung meiner sel˖[igen] Frau die Basreliefs bestellt hatte. Es ist mir angenehm von dieser Sache einmal zu hören, da ich von Thorwaldsen immer keine Antwort bekam. Ich habe die Basreliefs bis jetzt in Rom gelassen, weil ich immer in Verlegenheit wegen der Aufstellung war; jetzt denke ich Friz Gärtner’n, wenn er früher oder später zurückkommt, darum anzugehen, daß er die Aufstellung an Ort und Stelle besorgt. Ich bitte Sie Herrn Thorwaldsen zu ersuchen, daß er sie noch so lange bey sich behält, bis ich auf solche Art darüber verfügen kann, wie es zu Versicherung der richtigen Aufstellung nothwendig ist. Sollte, wie ich in einer Zeitung gelesen zu haben meyne, Herr Thorwaldsen für einige Zeit Rom verlassen und diese Basreliefs nicht wohl in seinem Studio bleiben können, so hätten Sie wohl die Freundschaft für mich, sie entweder zu Sich zu nehmen oder ihnen sonst ein Unterkommen zu verschaffen. Sobald Friz Gärtner wieder im Lande ist, der gewiß gern dieses Geschäft besorgen wird, werde ich sie kommen lassen. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie zugleich von Thorwaldsen auf gute Art erfahren könnten, ob er glaubt noch eine Forderung wegen der Bezahlung zu haben. Ich habe ihm zu verschiednen Malen Wechsel geschickt, aber ohne je von ihm eine Bestätigung des Empfangens zu erhalten. Verzeih’n Sie daß ich mit diesen Aufträgen Sie belästige, allein ich bin überzeugt, daß Sie dieselben aus Freundschaft zu mir und auch aus Andenken an meine sel˖[ige] Frau gern übernehmen.