Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Lieber Fritz!

Ich kann nicht unterlassen, Dir zu schreiben, da ich leider durch meine Verhältnisse gehindert bin, meinem sehnlichen Wunsch zu folgen und bei Deiner Confirmation am anwesend zu sein. Glaube nur wenigstens, daß wir beide im Geiste bei Dir sein werden; erinnere Dich an diesem für Dich so wichtigen Tage unsrer innigen und zärtlichen Liebe zu Dir und sei überzeugt, daß wir Gott recht innig für Dich bitten und seinen himmlischen Segen für diesen Tag und Deine ganze folgende Lebenszeit erflehen. Wir freuen uns jeden Tag der guten Nachrichten, die wir von Dir erhalten, von Deinem regelmäßigen Fleiß und dem Ernst, mit dem Du Dein Lernen fortsetzest. Je größer die Freude ist, die Du Deinen Eltern dadurch bereitest, desto gewisser wird auch der Segen des Vaters im Himmel auf allen Deinen Wegen Dich begleiten. – Ich will Dir nicht verhehlen, daß ich zuweilen besorgt bin wegen Deiner Gesundheit, weil Du doch auch in wieder eine, wie es scheint, nicht unbedeutende Krankheit ausgestanden hast. Hüte Dich um so mehr vor allem Schädlichen! Wenn es nur immer möglich ist, komme ich in diesem Jahr wieder auf die woche hinaus, damit wir Dich doch sehen, da wir in der vacanz Dich nicht sehen konnten. Wenn der liebe Onkel und die liebe Tante zu Deiner Confirmation nach Nürtingen kommen sollten, so sage ihnen von mir die herzlichsten Grüße, und daß der liebe Onkel doch ja mir nicht zürnen soll, daß ich ihm gar nicht schreibe, aber es fehlte eben die Zeit dazu.

Dem Herrn Rector und der Frau Rectorin mache insbesondre auch unsre herzlichsten Empfehlungen; sage ihnen, wie sehr wirs bedauern, ihnen nicht selbst bei Deiner Confirmation unsern Dank aussprechen zu können für alle Liebe und Treue, die sie an Dir bis jetzt gethan haben.

Gott sei gelobt, der Dich so weit geführt hat! Möge Dein Confirmationstag für Dich ein Segenstag sein auf Dein ganzes Leben!

Besonders auch dem Herrn Special sage, nebst meinen ehrerbietigsten Empfehlungen, den innigsten Dank für den Dir ertheilten Unterricht.

Dem Heinrich Thiersch, der mein Pathe und ein sehr lieber und fähiger Junge ist, suche die Angewöhnung in Nürtingen zu erleichtern, so wie Du kannst. Ich schicke Dir eine Ausgabe des Horatius, leider in einem schmuzigen Einband, den zu verändern nicht mehr Zeit war. Gib ihn sogleich dem Buchbinder; da das Papier noch nicht beschnitten ist, so kann er ihn leicht ganz neu binden; er soll auch das mit Bleistift Eingeschriebne mit Gummi elasticum auslöschen, so wird er dann ganz schön werden.

Nochmals, herzlich geliebter Fritz. Gottes Segen über Dich am und für alle Tage Deines Lebens. Mit zärtlicher Liebe
Dein
treuer Vater

Sch.