Allerdurchlauchtigster &. &.
Stets bereit, von seinen Amtshandlungen als Vorstand der Akademie der Wissenschaften Rechenschaft zu geben, und nicht ohne allen Grund besorgend, daß von irgend einer Seite versucht werde, die unterbliebene Ausführung des von dem Geheimen Rath Freyherrn von Hormayr angekündigten, und allgemein bekannt gewordenen Vorhabens, am auf den verewigten von Westenrieder eine Denkrede zu halten, dem Benehmen des gehorsamst Unterzeichneten zuzuschreiben, sieht sich derselbe veranlaßt, den wahren Sachverhalt und die Gründe seines Benehmens in einem allerunterthänigsten Berichte vorzulegen.
Es ist also an dem, daß er auf die erste, von dem Geh˖[eimen] Rath Freyherrn von Hormayr erhaltene Anzeige seines Vorhabens demselben schriftlich erwiederte: »er setze voraus, daß es in dessen eigener Absicht nicht liegen könne, dabey im Namen der Akademie aufzutreten; letzterer müsse vorbehalten bleiben, aus der Zahl der vieljährigen Collegen und vertrauten Freunden des Verewigten denjenigen auszuwählen, der ihr am geeignetsten scheine, bey dieser Gelegenheit der öffentliche Dollmetscher ihrer Gesinnungen zu seyn
«. Theils wollte der Vorstand auf diese Weise der Akademie die Möglichkeit vorbehalten, ein vollkommenes, nicht, wie die von Freyherrn von Hormayr angekündigte Rede, bloß die wissenschaftlichen Verdienste Westenrieders um die Geschichte Bayerns und Süddeutschlands, sondern seine ganze Persönlichkeit und sein inniges Verhältniß zu der Akademie, welche beyde nur einem mehrjährigen Collegen bekannt seyn konnten, darstellendes und umfassendes Denkmal zu errichten; theils glaubte er, es könne der Akademie unmöglich zum Vortheil gereichen, wenn in dem Augenblick, wo in der allgemeinen und öffentlich geäußerten Meinung auf dem sich anbietenden Redner der Vorwurf der gegen das Andenken eines ausgezeichneten Verstorbenen aus reiner Persönlichkeit roh mißbrauchten Publicität, und eines Versuchs, durch Vorschiebung eines andern unbetheiligten und unschuldigen Mannes die That von sich abzuwälzen, noch immer haftete, eben dieser, an einem feyerlichen Tage gleichsam in Evidenz gestellt, dem Publikum alle Prädikate, mit welchen er in den öffentlichen Blättern, bis zu dem kleinsten herunter, belegt worden war, durch seine öffentliche Erscheinung auf eine Weise zurückriefe, die nicht umhin könnte, die Akademie selbst bloß zu stellen, und der, wenn auch bedauerten, an der auf dem Individuum haftenden Unehre immer wenigstens einen Theil zu geben. Eben so wenig schien ihm den nothwendigen, nie aus den Augen zu setzenden Rücksichten auf öffentliche Schicklichkeit gemäß, wenn gerade der Mann, welchen das Publikum als denjenigen bezeichnete, der durch leidenschaftliche Verunglimpfungen dem eben Verstorbenen die letzten Augenblicke seines Lebens verbittert, und über den hinwiederum letzterer, gegen seine Gewohnheit, seine Meinung sehr laut und vernehmlich ausgesprochen hatte, im Namen der Akademie das Wort führte, um jetzt den öffentlichen Lobredner desselben zu machen. In der That, der Vorsatz des Freyherrn von Hormayr war nicht so bald kundbar geworden, als sich in der Akademie selbst gewichtige und ehrwürdige Stimmen vernehmen ließen: »Westenrieder, der auf das Laudari a viro laudato stets allein Werth gesetzt, würde im Grabe sich umkehren, wenn er hörte, daß die vaterländische Akademie, für die er länger denn ein halbes Jahrhundert gewirkt, seine öffentliche Lobrede zu halten dem Baron von Hormayr überlassen hätte.«
Der ehrfurchtsvollest Unterzeichnete hat in seinem vieljährigen Verhältniß zur Akademie in früheren Jahren oft genug Gelegenheit gehabt zu bemerken, welche Ursachen eine solche Gesellschaft hat, auf das Sittlichkeits- und Schicklichkeits-Gefühl des Publikums Rücksicht zu nehmen, und wie sehr sie sich in den Augen desselben durch öffentliche Acte herabsetzt, welche das von Umständen und Verhältnissen wohl unterrichtete Publikum für unwürdige Schauspiele zu halten sich berechtigt glaubt. Beauftragt für das Interesse der Akademie in seinem Kreise zu wachen, und alles so viel möglich von ihr abzuhalten, was sie in der öffentlichen Meinung verächtlich machen könnte, glaubte er dem öffentlichen Auftreten des Freyherrn von Hormayr wenigstens diese Grenze setzen zu müssen, daß er nicht im Namen der Akademie oder als Beauftragter derselben, sondern bloß in seinem eigenen Namen sprechend erscheine. Er glaubt hierin einem bloßen, wenn auch ehrenhaften Gefühl nicht zuviel nachgegeben zu haben; und wenn er die schmerzliche Empfindung, die es ihm wie so vielen andern Wohldenkenden verursacht hat, daß ein erst kürzlich mit so großer Auszeichnung in die Akademie gesetztes Mitglied eine solche, duch keine künstlichen Ausflüchte oder neue Variationen der ersten Erfindung in der allgemeinen Meinung wieder zu dekende moralische Blöße sich gegeben, nicht ganz zu unterdrücken vermochte, so glaubt er sich doch in der, dem Geh˖[eimen] Rath Freyherrn von Hormayr zur Antwort gegebenen Erklärung auf dasjenige beschränkt zu haben, was die reinste und verständigste Ueberlegung ihm gebot, und was einem moralisch empfindlicheren Gefühl von selbst hätte einleuchten müssen.
Nach dieser Erklärung stand es bey Freyherrn von Hormayr, sich mit der Ansicht des Vorstandes einverstanden zu erklären, in welchem Fall dieser seinem Vorhaben nichts weiter entgegen setzen konnte. Statt dessen fand sich der Assistent des Secretariats, Baron von Freyberg, bewogen, bey den Mitgliedern der historischen Classe durch ein Circular Umfrage zu halten, ob etwa ein anderes Mitglied derselben geneigt wäre, in der bevorstehenden öffentlichen Sitzung auf den verewigten von Westenrieder eine Ehrenrede zu halten; wobey stillschweigend vorausgesetzt wurde, als ob vermög irgend einer allgemeinen oder besondern Bestimmung eine solche Rede durchaus in der ersten, wenn auch noch so bald auf den Tod folgenden Sitzung gehalten werden müßte. Es war vorauszusehen, daß bey dieser Kürze der Zeit kein Mitglied sich geneigt erklären würde, eine solche Rede zu übernehmen; auf diese Art hätte denn Freyherr von Hormayr wenigstens als Beauftragter der Classe erscheinen können; allein der Erfolg zeigte, daß die Classe wenigstens in so weit, daß eine – gleichsam extemporirte Rede über Westenrieders Verdienste um die Geschichte Bayerns und Süddeutschlands keineswegs dem, was die Akademie dem Andenken eines solches Mitgliedes schuldig sey, vollkommen entspreche, ganz die Ansicht des Vorstandes theile.
Hierauf, und nachdem letzterer nochmals erklärt hatte, an der gleich zuerst aufgestellten Bedingung, welche ihm moralische Rücksichten und Erwägungen gebieten, festzuhalten, übrigens aber und in anderer Hinsicht dem Freyherrn von Hormayr nichts entgegen setzen zu wollen, erklärte sich dieser in einem Schreiben vom dieß zur Abhaltung seiner Rede unter dieser Bedingung bereit; und erst, als ihm hierauf von den anderweitigen, für denselben Tag bereits bestimmten Vorträgen, nämlich: außer der gewöhnlichen Abhandlung, 1) der Einleitungsrede des Vorstandes (worin, der Natur der Sache gemäß, unter den übrigen Ereignnissen des Jahres auch des Verlustes, den die Akademie durch Westenrieders Tod erlitten, so wie ihres Vorhabens, ihn in der Folge durch eine Denkrede zu ehren, gedacht werden müsse) und 2) der bereits in der Sitzung der philosophisch-philologischen Classe am gewesenen Gedächtnißrede auf den verstorbenen Docen, mit der Bemerkung Nachricht gegeben wurde, daß diese vorausgehen, und freylich die gewöhnliche Zeit einer öffentlichen Sitzung schon allein ausfüllen würden, nahm er, obgleich eigentlich nur der letzte Vortrag, dessen Kürze ihm übrigens mündlich erklärt wurde, ihm unerwartet seyn konnte, seinen Entschluß unterm dieß mündlich und schriftlich zurück; woraus demnach erhellet, daß, wofern irgend jemand der Meinung seyn sollte, daß durch die unterbliebene Rede des Baron von Hormayr der Akademie, der Wissenschaft, oder der Feyer des Tages irgend ein Vortheil entgangen wäre, die Schuld davon wenigstens nicht dem Unterzeichneten beygemessen werden könnte, der dem Antrag keine andere Bedingung setzte, als zu der ihn die moralischen Verhältnisse des Freyherrn von Hormayr zu der öffentlichen Meinung nöthigten, und in der auch dieser selbst früher nichts seinem Vorhaben Hinderliches erkannt hatte.
Indem er dieß pflichtmäßig allerunterthänigst berichtet, verharret in tiefster Ehrfurcht
Eurer Königlichen Majestät