Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn Friedrich Perthes aus Hamburg gegenw˖[ärtig] in Gotha

Mit wahrer herzlicher Freude habe ich einmal wieder die Züge Ihrer Hand erblickt, mit größerer freylich hätte ich nach so langer Zeit einmal wieder Ihre Gesichtszüge gesehn, wenn es die Umstände erlaubt hätten. Sie gehören zu meinen ersten und ältesten Freunden; wie gern würde ich auch jetzt wieder mit Ihnen als Verleger in Verhältniß treten; allein Cotta hat in vielen Jahren treue Freudnschaft mir erzeigt und solange er einen Werth darein setzt mein Verleger zu seyn, kann ich mich nicht von ihm trennen. Indeß erlauben Sie mir immer zu denken, daß Sie im eintretenden Fall mich nicht zurückweisen werden.

Ich danke Ihnen für die nähere Bekanntschaft des jungen Eiferers, von dem ich bis jetzt nur immer von Ferne gehört hatte. Daß ich ihn nicht als Gegner ansehe, darin haben Sie vollkommen Recht. Der Unterschied zwischen mir und diesen Herrn besteht bloß darinn, daß sie von dem reden, was sie selbst zugestehen, nicht leisten zu können; ich von dem bis jetzt geschwiegen habe, was ich wirklich zu leisten vermag. Indeß bescheidner von dem jungen Mann hätte es mir auf jeden Fall gedünkt, für möglich anzunehmen, daß der Verf˖[asser] der Abh˖[andlung] über die Freyheit und der Schrift gegen Jacobi, der sie zum Theil selbst erst auf den Punct gebracht wo sie diese Forderungen machen können, wohl noch weiter sehen könnte, als er bis jetzt mitzutheilen für gut gefunden. Doch genug; denn zu einer mehr als oberflächlichen Bekanntschaft hatte ich selbst keine Zeit.

Lassen Sie mich doch auch künftig zuweilen ein Wort von Ihnen hören, vielleicht daß nähere Veranlassung dazu entsteht, auch in die Ferne uns bestimmter zu verständigen.

Inzwischen leben Sie wohl und nehmen Sie ferner gütig Theil an dem Ergehen Ihres alten
und treuergebenen Freundes

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