Hochwohlgebohrner Herr,
Insonders Hochzuverehrender Herr MinisterialRath!
Vor einigen Tagen habe ich in einem Schreiben an die K˖[önigliche] Akademie der Wissenschaften diese ersucht, für mich Reise-Erlaubniß nach Carlsbad für den nächsten nachzusuchen.
Nur unter widerstrebenden Empfindungen konnte ich dieß niederschreiben; ein nicht zu beseitigendes Gefühl sagte mir, daß ich am ganz wo anders, als in Carlsbad seyn sollte.
Dieses Gefühl hat alle ängstliche Rücksicht überwunden; ich werde an jenem Tag in München seyn, und mein Amt als Vorstand versehen. Meine Bitte an Ew. Hochwohlgebohrn ist, jenes Gesuch, wenn es an das Ministerium kommt, als nicht geschehen zu betrachten; dagegen, nach Ihrer großen Güte, wo möglich alles so zu vermitteln, daß ich nur wenige Tage vor dem nach München zu kommen brauche und auch gleich nach diesem Tage wieder abreisen kann, um den in Carlsbad zuzubringen, wo der Himmel noch so viel sommerliche Witterung verleihen wird, als zum Gebrauch einer unentbehrlichen Cur nöthig ist.
Wie ich zu meiner großen Freude höre, hat Herr Ministerial-Rath von Roth übernommen, an diesem Tag die eigentliche Rede zu halten. Ich werde ihn in diesen Tagen von meinem Entschluß benachrichtigen; es wird keine Schwierigkeit haben, seiner Rede eine Einleitung vorauszuschicken, in welcher ich die Vorzüge der gegenwärtigen Einrichtungen und Verhältnisse der Akademie vor den früheren auseinanderzusetzen gedenke, und ein Schlußwort folgen zu lassen, in dem ich Gelegenheit finde, die Gesinnungen der Akademie und meine eignen Empfindungen an diesem Tage auszusprechen. Meine Absicht ist daher nicht, Herrn von Roth’s Rede in den Weg zu treten, im Gegentheil ohne seinen Entschluß hätte ich den meinigen nicht fassen können, weil es mir durchaus an Zeit gefehlt hätte, für mich allein jene Sitzung auf eine würdige Art auszufüllen.
Sie betrachten, verehrungswürdigster Gönner und Freund, die Sachen der wissenschaftlichen Anstalten, die unter Ihrer Pflege zu stehen das Glück haben, wie Ihre eignen; aus diesem Grunde bedarf es keiner Entschuldigung, daß ich mir die Freyheit genommen habe, Ihnen dieß zu melden, und Ihre persönliche Vermittlung insoweit nachzusuchen, daß alles zu einer würdigen Feyer eingeleitet werde, wenn auch andre nicht zu umgehende Rücksichten mich verhindern sollten, eher als etwa am oder nach München zu kommen.
Mit innigster Verehrung und reinster Ergebenheit
Euer Hochwohlgebohrn
ganz gehorsamster Diener
Schelling.
Erlangen .